Immer wieder sonntags… tagt im Ersten nach dem Tatort das Tribunal der Selbstgerechten über alle Personen, die sich nicht der politischen Korrektheit und der vorgegebenen linksgrünen Denkschablone unterwerfen wollen. Anne will, dann Günther Jauch und jetzt wieder Anne Will, die Zusammensetzung der Gesprächsrunde und die Inszenierung des Talks unterscheiden sich von Wochenende zu Wochenende nur durch minimale Abweichungen. Mal heißt es Fünf (inklusive der Moderation) gegen Eins, wobei der/die zum Paria Erklärte entweder ein AfD-Vertreter oder ein europäischer EU-Gegner ist, dem der hasserfüllte Dünkel der deutschen Moralelite entgegenbläst. Oder es geht wie vorgestern im nahezu synchronen Chor der Korrekten gegen den US-Präsidenten Trump, der sich eine eigene Meinung erlaubt (http://daserste.ndr.de/annewill/videos/Die-Trumpokratie-Eine-Gefahr-fuer-die-freie-Welt,annewill5062.html). Zwischen diesen GEZ-finanzierten Gerichtshöfen am späten Sonntagabend liefert man uns, den zur Zahlung dieser Shows Gezwungenen, vor Peinlichkeit triefende Befragungen der Kanzlerkandidaten der Altparteien, wie jüngst das „Interview“ mit EU-Funktionär und Sitzungsgeldkassierer Schulz.

Statt Informationsauftrag heißt es Umerziehung. Statt Abwechslung ist rituelle Erhöhung vermeintlicher Bessermenschen angesagt, die durch das reflexhafte Eindreschen auf Andersdenkende eine Art Apotheose verfolgen. Statt Neutralität flimmert Pharisäertum in die Wohnzimmer. Sonntag auf Sonntag. Und davon muss Anne Will, deren eigene Produktionsfirma diese Sendung übrigens fabriziert, derart überzeugt sein, dass ihr die ewig gleiche Choreografie mit meist den selben Gästen und einem nie stattfindenden Diskussionsergebnis selbst nicht langweilig wird (http://de.wikipedia.org/wiki/Will_Media). Andererseits, die Bezahlung scheint ja zu stimmen, wozu also noch die Mühe machen, sich den Anschein echter Journalistenarbeit geben zu wollen. Inzwischen verspricht sich der Zuseher jedenfalls von Wills Show weder inhaltliche Qualität noch irgendeine Form echter Diskussionskultur. Lediglich die bornierten, schwarz-weiß zeichnenden Sendetitel amüsieren hin und wieder.

Wer aber beispielsweise den deutschen Bundesjustizminister in den Nachrichten vermisst, weil er politisch wieder einmal abgetaucht ist, der schalte einfach nach dem Tatort Wills Tribunal ein und kann die größte Fehlbesetzung im Justizamt seit Bestehen der Bundesrepublik live beim Zensurzelebrieren beobachten (http://www.tichyseinblick.de/feuilleton/medien/anne-will-heiko-maas-will-plebiszite-wie-die-afd/). Eifrig beklatscht vom Studiopublikum und von Will gespielt kritisch befragt und dann für gut befunden. Andere Dauerbrenner der Sendung und Garanten für öden Talk ohne Überraschungen sind Renate Künast, Oskar Lafontaine oder Peter Altmaier, Merkels jubelnder Schleppenträger, ab und an auch der Berufssohn und Erbmillionär Augstein, der betroffen Wasser predigt.

Für etwa 8 Millarden Euro, welche jährlich an die öffentlich-rechtlichen Sender verteilt werden, kann der Zuschauer da jedoch schon mehr Intellekt, Objektivität und Engagement, eine andere Gästeauswahl, eine vorbereitete Moderation und eine faire Runde erwarten. Auch von einer Anne Will, die anders sein will (http://www.tagesspiegel.de/medien/8-1-milliarden-euro-rundfunkgebuehren-gez-einnahmen-umstritten-aber-stabil/13738728.html). Anders formuliert: Was uns die Öffentlich-Rechtlichen zur besten Sendezeit als Crème de la Crème servieren, ist im Grunde schon seit einiger Zeit sauer, dünnflüssig und abgestanden. Denn es ist Larmoyanz, den Zuschauern als Höherwertigkeit verkauft, es ist Weltfremdheit gepriesen als Weitsicht und es ist als Moral aufgetischter Narzissmus. Zusammen spielen sich diese „Güter“ in einem medialen Tribunal gegen den gesunden Menschenverstand auf: Das ist keine Diskussionssendung, sondern eine Anmaßung. Im echten Wettbewerb auf dem hart umkämpften Markt, dem sich die ARD durch den Zwangsbeitrag entzieht, würde ein solch linkes Format kaum bestehen oder viel weniger Geld einsammeln. Ungerecht geht es also nicht nur innerhalb der Will-Sendung zu.

 

Nadine Hoffmann