Wir feiern 27 Jahre Deutsche Einheit und doch scheint das Land erneut gespalten. Diesmal aber nicht durch eine Grenze aus Steinen, Draht oder Holz, sondern mit einer mentalen Mauer, die von den Mächtigen in den Polit- und Redaktionsbüros errichtet wurde, um die Herrschaft nicht zu gefährden. Deutschland wird von „denen da oben“, aus Kalkül, Dummheit oder Niedertracht, geteilt in ein helles und ein dunkles Deutschland. In einen Teil, der deshalb „leuchtet“, weil er den Eliten folgt oder zumindest keine Widerworte gibt, und in einen „düsteren“ Teil, der die Zerstörung der Heimat nicht hinnehmen will und aufsteht, um gegen die eigene Abschaffung zu demonstrieren.

Die Ironie der Geschichte will es, dass jener altpolitisch und medial als dunkle Teil verschriene Osten des Landes mit dafür gesorgt hat, dass wir den Tag der Deutschen Einheit feiern können. Indem die Menschen vor über 27 Jahren ihre demokratischen Rechte einforderten.

Die Menschen in Ostdeutschland wissen es noch, wie es ist, auf die Straße zu gehen, um einer Diktatur Widerstand zu leisten, sie spüren die Zeichen aufziehender Repression wohl eher als viele Leute im Westen, die das System schon so verinnerlicht haben, dass sie die Schere im Kopf für geistige Größe halten. Und vor allem haben die Ostdeutschen erfahren, dass Bürgerprotest ganze Systeme stürzen kann, dass nichts in Stein gemeißelt ist und dass Wohlstand, beraubt man die Gesellschaft um die dafür notwendigen Rahmenbedingungen, nicht ewig hält.

Deutschland teilt sich aber nicht auf in hell und dunkel, nicht in Ost und West, nicht in alt und jung, jedoch in verantwortungsbewusst und verantwortungslos, in sehend und ignorant, in mutig und feige. Dort verläuft in Wirklichkeit die Grenze, nicht quer durch das Land.

Es ist, gerade angesichts der deutschen Teilung, eine ausgesprochen perfide Vorgehensweise der Altpolitik und ihrer Systemmedien, eine verbale Kerbe in das Volk zu schlagen, um Aufstand, um Solidarität, um erneuten Protest im Keim ersticken zu wollen. Denn wenn etwa das ehemalige Staatsoberhaupt Gauck, der selbsternannte Bürgerrechtler, von Hell- bzw. Dunkeldeutschland schwadronierte, dann doch nur, um Deutschland abermalig zu spalten. Nicht „die da unten“ sind das Problem, es sind die Hetzer und Spalter, die in den leitenden Etagen von Politik und Presse sitzen. Ohnehin wirken die leeren Worte und manipulierenden Phrasen der „Elite“ wie das Abbild des eigenen Charakters.

Die Methode geht leider in Teilen auf. Es gibt zu viele Menschen, in Ost und West, die nicht zu den angeblich Abgehängten, freilich eine künstlich hochgezogene Trennlinie, gehören, die über anderen stehen oder nicht unter anderen stehen wollen. Die das Spiel mitmachen. Die ihr Weltbild aus den Nachrichten und ihre Meinung aus den Talk-Shows haben. Die vielleicht zu den (noch) Mächtigen gehören wollen.

Und dort müssen die ideologischen Mauern in den Köpfen eingerissen werden, bei den Ignoranten und Arroganten. Damit sie verstehen, dass Deutschlands Lage im Jahr der 27. Feier der Deutschen Einheit zu ernst ist, um den Heuchlern und Halunken in den Schaltzentralen weiter auf den Leim zu gehen, zu bedrohlich, so zu tun, als gäbe es zum Zwecke der Überhöhung tatsächlich ein helles und dunkles Deutschland.

Ja, es ist wahrhaftig so, dass wir jetzt, mehr denn je nach der Wiedervereinigung zum Wohle des Landes und unserer Kinder und Enkel Solidarität, Zusammenhalt und Gemeinschaftssinn brauchen. Wir brauchen Mut und Ehrlichkeit und die Weitsicht, um das uns eingeredete helle und dunkle Deutschland als Unsinn und um die Urheber dieser Teilungsversuche als um ihre Macht fürchtende Spalter zu erkennen.

Wenn also heute die üblichen Marionetten, Karrieristen und Strippenzieher ihre hellen und dunklen Lügen wieder verbreiten, dann versuchen sie von der Tatsache abzulenken, dass es möglich ist, undemokratische und niederdrückende Systeme friedlich zu stürzen. Aus Angst um ihre Posten und Pfründe, wie einst die DDR-Eliten. Aus Angst davor, dass das Volk für sich fordert, was anderen Ländern zugestanden wird. Deshalb spalten sie von oben, aus Furcht vor den Bürgern, die zusammen für sich und ihr Land aufstehen und handeln.

(Ich war neun Jahre alt, als die Mauer fiel. Dieses Erlebnis, die Montagsdemonstrationen im Vorfeld, der friedliche Aufstand gegen das SED-Regime, haben meine Einstellung zur Demokratie und zur echten bürgerlichen Teilhabe am Geschick eines Landes, maßgeblich geprägt. Demokratie geschieht nicht einfach so. Sie muss errungen und mit Rückgrat erkämpft werden. Und genau deswegen bin ich in der AfD.)

 

Nadine Hoffmann