„Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben!“ Diese Aussage tätigte Angela Merkel im TV-Duell mit Peer Steinbrück kurz vor der letzten Bundestagswahl September 2013 (http://www.focus.de/politik/deutschland/bundestagswahl-2013/tid-33300/mit-mir-wird-es-keine-pkw-maut-geben-nach-merkels-absage-an-autofahrer-abgabe-seehofer-bleibt-auf-crash-kurs-zur-kanzlerin_aid_1088519.html). Sie erinnern sich bestimmt.
Im März letzten Jahres votierte der Bundestag dann mit den Stimmen der Regierungsparteien CDU, CSU und SPD für die Einführung der Pkw-Maut, sprich für das Abgabemodell des Verkehrsministers Dobrindt. Ebenfalls zugestimmt, Sie werden es sicher erraten, hat Kanzlerin Merkel (http://www.abgeordnetenwatch.de/pkw_maut-1105-720—abstimmungsverhalten-p_17_abst_ja.html#abst_verhalten). Klarer Fall von Wählertäuschung, die Erste!
Es folgt Täuschung die Zweite! Die von Dobrindt geplante „Infrastrukturabgabe“ soll angeblich den deutschen Autofahrer nicht zusätzlich belasten, weil die Mautgebühren für inländische Fahrer über eine niedrigere Kraftfahrzeugsteuer zurück fließen würden. Das war das Versprechen. Es kommt jedoch anders. Die Rückzahlung soll nämlich nicht in der Höhe der Mautkosten erfolgen, sondern sich auch nach dem Schadstoffausstoß richten. Die Kfz-Steuer, die seit 2009 an den Bund fließt und 2015 8,8 Mrd. € betrug, soll zudem maximal um eine feste Größe gesenkt werden. Das heißt nichts anderes, als dass Halter älterer Fahrzeuge drauf zahlen (http://www.welt.de/wirtschaft/article159248849/Offen-ist-nun-ob-deutsche-Fahrer-doch-draufzahlen.html). Und das betrifft erfahrungsgemäß die niedrigeren bis unteren Einkommen, finanziell schwache Haushalte und nicht wenige Rentner.
Aber es geht noch weiter mit der Bürgerverschaukelung, Klappe die Dritte! Eine halbe Milliarde € Einnahmen sollen sich durch die Pkw-Maut ergeben, sagt Dobrindt. Daran wird von vielen Seiten und etlichen Experten gezweifelt. Einige Berechnungen beziffern die Mehreinnahmen für den Bund mit 100 Millionen €, andere mit höchstens 260 Millionen €, und das steht in keinem Verhältnis zum Aufwand (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wahlversprechen-der-csu-zweifel-an-dobrindts-maut-einnahmen-wachsen-14517149.html). Es steht hingegen für die dilettantische bis verlogene Politik der Altparteien.
Etwas mehr als drei Jahre nach dem oben zitierten Wahlkampfsatz Merkels scheint die Maut nun jedenfalls zu kommen. Das Bundesverkehrsministerium habe sich mit der EU geeinigt. Ein Verfahren wegen Diskriminierung ausländischer Autofahrer wurde nicht eingeleitet. Der Infrastrukturabgabe steht nichts mehr im Wege bzw. nur noch Kleinigkeiten, um die man sich kümmere (http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/pkw-maut-dobrindt-plant-aenderungen-bei-kurzzeittarifen/14814868.html). Bundesverkehrsminister Dobrindt hat seinen Willen durchgesetzt. Und wie ein wunderbarer Nebeneffekt, falls das nicht von Beginn an der Plan war, werden die deutschen Fahrer um ihr Geld erleichtert. Auch wenn etwas anderes im Koalitionsvertrag geschrieben steht und den Bürgern erzählt wurde. Aber was sind solche Aussagen noch wert in einer Zeit, in der nicht einmal mehr das Grundgesetz heilig ist.
Trotzdem muss die Frage nach der Ehrlichkeit gestellt werden. Denn um die geht es. Wir tun jetzt einmal, als könnte man Angela Merkel noch vertrauen und fragen: Wann folgt Ihr Rücktritt, Frau Kanzlerin? Am Tag der Umsetzung der Pkw-Maut oder schon vorher oder kurz danach? Oder sind zu Wahlkampfzeiten getätigte Versprechen mehr so eine grobe Richtungsangabe ohne bindende Einlösung für Sie? Wahrscheinlich das, nicht wahr?!
Und die nächste Bürgerabzocke steht schon in den Startlöchern. Finanzminister Schäuble will jetzt seine lange gehegten Pläne der Autobahn-Privatisierungen in die Tat umsetzen (http://www.n-tv.de/politik/Schaeuble-will-Autobahnen-teilprivatisieren-article19074061.html). Dass dabei Entlastungen für die deutschen Bürger entstehen werden, dürfte niemand glauben.
Über all diese Steuern und Abgaben bräuchte man übrigens nicht diskutieren, wenn es endlich eine Zweckbindung erhaltener Geldmittel im Staatshaushalt geben würde. Dann fließt die Kfz-Steuer, die wie die Mineralölsteuer als Straßenbau- und Straßensanierungssteuer gedacht war, auch tatsächlich in den Ausbau und die Instandsetzung der Infrastruktur. Das ist altpolitisch jedoch nicht gewollt, so dass das sogenannte Gesamtdeckungsprinzip gilt. Deshalb dürfen sich die deutschen Bürger und Autofahrer in Zukunft wohl auf weitere „Strukturmodelle“ freuen. Der Bedarf zusätzlicher Einnahmen wird schließlich dank Merkel nicht geringer.
Nadine Hoffmann