Wie immer begann die Sitzung des Landtags auch diesmal mit den Aktuellen Stunden, zu der jede Fraktion ein Thema gestellt hatte. Gestartet wurde mit dem Thema der SPD, die sich die „Sicherung des Hochwasserschutzes der Saalekaskade beim geplanten Verkauf durch Vattenfall“ ausgesucht hatte. Mehrere Redner der Fraktionen wiesen auf die Bedeutung für die Regionalentwicklung und Lebensqualität sowie für die Energiewirtschaft und Hochwasserschutz hin.

Kontrovers wurden die Aufklärung und Schlussfolgerungen aus dem NSU-Skandal diskutiert. Der AfD-Abgeordnete Jörg Henke wies zu Recht darauf hin, dass die Geschehnisse auch nach zwei Jahren Strafprozess in München noch nicht aufgeklärt sind.

Auf Antrag der AfD-Fraktion wurde das Thema „Windkraft in Thüringen – fehlende Dialogbereitschaft der Landesregierung“ behandelt. Stefan Möller legte dar, warum von der Landesregierung Bürgerbeteiligung und Transparenz nur scheinbar praktiziert werden. Am Beispiel der 5. Erneuerbare-Energie-Konferenz, die kürzlich unter dem Motto „Gute Energie“ stattgefunden hatte, wird die Bewertung der Energiearten und die durch rot-rot-grün praktizierte „Bürgerbeteiligung“ deutlich. Stellen sich die Fragen: Was ist schlechte Energie? Und: Ist Lobbyistenbeteiligung gleichzusetzen mit Bürgerbeteiligung? Stefan Möller zitierte die Umweltministerin Anja Siegesmund, dass die Energiewende unaufhaltbar wäre und verglich diesen Satz mit einer Aussage der DDR-Regierung aus den 80-er Jahren. Zur vollbesetzten Anhörung des Petitionsausschusses beim Thema Windkraft glänzte die Landesregierung hingegen durch Abwesenheit. Offensichtlich wollte keiner der zuständigen Minister die Argumente von Bürgern gegen den Windkraftausbau hören.

Der CDU-Abgeordnete Dr. Mario Voigt unterstützte die Stoßrichtung der AfD , dass Rot-Rot-Grün Bürgerbeteiligung nur akzeptiert, wenn das gewünschte Ergebnis zu erwarten ist. Von Seiten der Regierungsfraktionen kamen – wie üblich – keine Sachargumente sondern Populismusvorwürfe, welche die CDU gleich mit ereilten.

Es folgte die nach mehreren vergeblichen Anläufen endlich die Wahl der AfD-Vertreter im sogenannten Richterwahlausschuss. Mit 2/3 Mehrheit wurden Stephan Brandner als Mitglied und Wiebke Muhsal als Stellvertreterin gewählt. Dass die Regierungsfraktionen an diesem Ergebnis zwangsläufig mitwirken mussten, schien dort nahezu körperliche Schmerzen zu verursachen.

Als nächstes stand der Gesetzentwurf der AfD-Fraktion zur Trennung von Amt und Mandat in zweiter und dritter Beratung auf der Tagesordnung. Stephan Brandner begründete des Gesetzentwurf nochmal und ging intensiv auf das widersprüchliche Verhalten der Linken ein:

Die nachfolgenden Redner befassten sich kaum bis gar nicht mit der inhaltlichen Thematik. Astrid Rothe-Beinlich (Die Grünen) unterstellte, dass es der AfD und Stephan Brandner nur darum ginge, „ihren Klamauk hier aufzuführen“. Getroffen von der AfD-Kritik am widersprüchlichen Verhalten der Linken zeigte sich deren Abgeordneter Andre Blechschmidt. Er reagierte äußerst dünnhäutig und zog das ganze Register abfälliger und abwertender Formulierungen gegen die AfD-Fraktion und deren Antrag. Es kam zu einem verbalen Schlagabtausch mit Stephan Brandner, der die Angriffe mit Parteitagsbeschlüssen der Linken auskonterte.

Der Gesetzentwurf der Landesregierung über die Finanzierung der staatlichen Schulen war das nächste Thema. Er sieht vor, dass das bestehende Gesetz entfristet wird und dadurch eine Kontinuität in die Finanzierung gebracht werden soll und wurde im Plenum einstimmig beschlossen. Hieran sieht man, das die AfD trotzt aller Anfeindungen keine ideologischen Blockaden hat und im Interesse des Freistaats auch einem linksgrünen Antrag zustimmt, wenn er Sinn macht.

Im Rahmen der Debatte über das Gesetz teilte der Linken-Abgeordnete Torsten Wolf mit, dass an Thüringer Schulen zur Zeit etwa 5.100 Flüchtlingskinder unterrichtet werden, die im Laufe der letzten beiden Jahre nach Deutschland eingereist sind. Die Zahl der zu beschulenden unbegleiteten Minderjährigen ist in wenigen Wochen von 300 auf 700 gestiegen. Aufgrund der rasant steigenden Zahlen von Asylbewerbern sei es kaum möglich, konkrete Zahlen zu nennen, weil sich diese von Woche zu Woche ändern. Durchschnittlich besuchen Kinder nach 3 Monaten des Aufenthaltes in Deutschland die Schule, vorrangig für Deutschkurse und nehmen nach ca. 6 Monaten am regulären Unterricht teil. Die Schülerbeförderung soll 2016 mit einem Betrag von 9,803 Mio. € und 2017 mit 9,975 Mio. € gestützt werden. Für die baulichen Voraussetzungen in den Schulen werden zu den jährlich vorgesehenen jeweils 15 Mio. € zusätzlich 9 Mio. € für 2016 und 24 Mio. € für 2017 eingeplant.

Als nächstes kam dann der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Thüringer Nachbarschaftsgesetzes dran. Dieser regelt, dass Hauseigentümer durch eine energetische Sanierung (gemeint ist hier die Außendämmung) ihres Hauses im Fall der Grenzbebauung auch das Nachbargrundstück bis zu 25 cm überbauen dürfen, ohne dass der betreffende Nachbar sein Einverständnis dazu geben muss. Der AfD-Abgeordnete Stefan Möller wies darauf hin, das durch diesen Gesetzesentwurf einmal mehr den Bürgern die Eigentums- und Verhandlungsfreiheit im Privatrecht aus ideologischen Gründen – hier dem grünen „Klimaschutz“ – stark beschnitten wird. Er bezeichnete das Gesetzesanliegen als illiberale „linksgrüne Gouvernantenpolitik“, durch die der Nachbarschaftsfrieden nicht geschützt, sondern gefährdet wird.

Möllers Rede wurde von Vertretern der Grünen nicht inhaltlich-sachlich beantwortet. Stattdessen folgte der persönliche Angriff, die Rede Möllers sei ein „untauglicher Versuch, den abwesenden Björn Höcke zu kompensieren“ abgeurteilt. Kritik für Möller oder Kompliment für Höcke ? Man weiß es nicht genau.

Nachfolgend ging es mit dem Gesetzesentwurf zur Änderung der Rechtsverhältnisse im juristischen Vorbereitungsdienst weiter, der von den Regierungsfraktionen eingebracht wurde. Damit sollen Beamtenbeschäftigungsverhältnisse bei Rechtsreferendaren in Angestelltenverhältnisse umgewandelt werden, was eine finanzielle Schlechterstellung von ca. 20 % für die Betroffenen bedeutet. Die CDU-Abgeordnete Marion Walsmann brachte die gesamte Problematik zur Sprache, welche die junge Menschen und Familien belastet und den Widerspruch zur Fachkräftegewinnung in anderen Bundesländern deutlich machte. Sie vermutete außerdem, dass die Finanzierungsnot bei Rot-Rot-Grün sehr groß sein müsse, wenn Rot-Rot-Grün auf die Ersparnis von 300.000 € zu Lasten junger Menschen angewiesen ist.

Dieser Argumentation konnte sich Stephan Brandner von der AfD weitgehend anschließen und rechnete der Landesregierung vor, dass sie damit die Referendare mit fünf bis sechs Euro pro Stunde, also weit unter dem gesetzlichen Mindestlohn bezahlt. Damit sei die soziale Selektion vorprogrammiert, eine entsprechende Ausbildung nur für junge Menschen aus wohlhabendem Elternhaus ohne Probleme zu bewältigen.

Bemerkenswert war die Begründung der Staatssekretärin Dr. Silke Albin, die als Hauptargument für die Änderung in ein Angestelltenverhältnis anführte, dass die Referendare so doch wenigstens nach der Referendarzeit auf Arbeitslosengeld Anspruch hätten, wenn sie nicht sofort ein Folgearbeitsverhältnis erhalten. Da stellt sich die Frage, ob diese Landesregierung dem auch von ihr proklamierten allseitigen Fachkräftemangel selbst nicht mehr glaubt.

Astrid Rothe-Beinlich (Grüne) sprach auch in diesem Zusammenhang von dem viel strapazierten Begriff der „Willkommenskultur“, mit dem der Freistaat den jungen Referendaren begegnen müsse und argumentierte, dass der geringe Zulauf nach Thüringen nicht mit dem Geld in Verbindung zu bringen sei.

Der danach behandelte Antrag der CDU zur Änderung des Thüringer Feiertagsgesetzes und der zusätzlichen Aufnahme von drei weiteren Feiertagen erhielt von der Linken-Abgeordneten Katharina König sofort eine deutliche Abfuhr, die eine „demokratische Selbstbesinnung“ anmahnte. Stephan Brandner von der AfD warnte bei Übereinstimmung mit dem Antrag der CDU in einigen Punkten trotzdem vor einer Gedenktagsinflation.

Der Antrag der Regierungsfraktionen zur Gestaltung eines neuen Strommarktes in Thüringen richtete sich im Wesentlichen auf die Umsetzung der Energiewende. AfD-Politiker Stefan Möller sprach in seiner Rede vom Widerspruch der rot-rot-grünen Landespolitik zu den Interessen der Menschen in Thüringen. Dies beträfe nicht nur den Energiemarkt, sondern auch alle anderen Bereiche.

In der Fragestunde erkundigte sich der CDU-Abgeordnete Raymond Walk nach der Anwesenheit von Muslimen und möglichen radikalen Aktivitäten in Thüringen. Nach Einschätzung der Landesregierung hielten sich 2014 etwa 125 Personen in Thüringen auf, die dem Islamismus zuzuordnen sind. Diese Zahl wird für 2015 nur geringfügig höher eingeschätzt, davon allerdings die Hälfte extremistische Salafisten. Nach ca. 100 Personen in den Jahren 2012 und 2013 ist das zunehmende Tendenz. Es wird weiter eingeschätzt, dass sich viele der hier anwesenden Extremisten und Salafisten in der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe betätigen.

Nach der Fragestunde ging es mit dem Antrag der CDU-Fraktion weiter, welche die Landeregierung aufforderte, bis Ende 2015 ein mit den Kommunen abgestimmtes Technik- und Finanzierungskonzept für die Einführung eines flächendeckenden Digitalfunks im Bereich der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr (z.B. Feuerwehr und Rettungsdienste) vorzulegen.

In dem ebenfalls von der CDU eingebrachten Antrag über Informationsdefizite der Landesregierung bei der Unterbringung von Flüchtlingen wurde kritisiert, dass Kommunen und Landkreise unzureichend über ankommende Asylbewerber informiert werden und Abhilfe gefordert. In diesem Zusammenhang kritisierte Stefan Möller (AfD), dass die Landesregierung im Zusammenhang mit der Flüchtlingsunterbringung Rechts- und Vertragsbrüche mit Kommunen, Einrichtungen und Bürgern begangen bzw. erzwungen werden.

Sehr kontrovers wurde die Diskussion wieder am Freitagmorgen in der Debatte zum Antrag der CDU zum „Maulkorberlass“ und der Reglementierung der Medienarbeit von Bürgermeistern und Polizei geführt. Vertreter der regierenden Fraktionen betonten übereinstimmend, dass der Erlass an die Bürgermeister und Landräte vermeintlich keine Einschränkung der Meinungsfreiheit war, sondern dieser Brief nur Selbstverständliches beinhalte mit Hinweisen auf die Rechtslage. Da stellt sich die Frage, warum dieser Brief überhaupt versandt wurde, wenn es sich um eine Selbstverständlichkeit handelt.

Zur Abwechslung wurde dieses Mal auch der CDU Rechtspopulismus vorgeworfen. Der CDU-Abgeordnete Wolfgang Fiedler verwies aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als Landtagsabgeordneter darauf, dass es einen solchen Maulkorb erst seit der Amtsübernahme der rot-rot-grünen Landesregierung gibt und dass die Keule des Rechtspopulismus immer geschwungen werde, sobald jemand seine eigene Meinung sagt. Mit diesem Maulkorberlass werden Landräte und Polizei öffentlich diskreditiert, die tagtäglich für die Auswüchse der verfehlten Asylpolitik ihren Kopf hinhalten müssen. Scharfe Kritik am Maulkorberlass äußerte auch Jörg Henke (AfD).

Aufgrund entsprechender Anträge der CDU und der AfD wurde anschließend der Entwurf des Thüringer Bildungsplanes für Kinder bis 18 Jahre diskutiert. Gewarnt wurde vor allem auch vor Überlegungen, die eine Frühsexualisierung von Kindern zur Folge haben könnten. Der Abgeordnete Torsten Wolf der Linken warnte vor Kritik am Bildungsplan, „um sich nicht an den Kindern zu versündigen“, was auch immer er damit gemeint hat. AfD-Landtagsabgeordnete Corinna Herold kritisierte die bisher nicht erfolgte termingerechte Veröffentlichung des Bildungsplanentwurfes und parierte Attacken der Regierungsfraktionen mit dem Hinweis, dass auf dem Marktplatz der gesunde Menschenverstand vorherrsche, der gut ist für eine Entscheidung über das Wohl und Wehe der Kinder ist. Frau Herold stellte auch klar, dass bereits im Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün die Familie vernachlässigt wurde.

Beide Anträge der Opposition wurden abgelehnt. Wie groß die Bereitschaft der rot-rot-grünen Regierungsfraktionen ist, lässt sich aus der Aussage der Grünen-Abgeordneten Astrid Rothe-Beinlich ablesen. Diese meinte, dass sie den Antrag der CDU ablehnen werde, zum Antrag der AfD äußere sie sich nicht.

Während der Befassung mit dem Antrag der Regierungsfraktionen über einen Dialog für eine demokratische Hochschulreform war zunächst kein Mitglied der Landesregierung anwesend, was ebenfalls den Grad deren Wertschätzung für die parlamentarische Debatte deutlich zeigt. Trotzdem wurde die Tagesordnung fortgesetzt. Stefan Möller zeigte auf, dass der oberflächliche Eindruck einer rot-rot-grünen Dialogbereitschaft täuscht, Bürgerbeteiligung lediglich suggeriert wird und warf der Landesregierung ein „ideologischen Reinheitsgebot“ vor, welches abweichende Meinungen aus dem Diskurs ausblendet.

Zum Thema „Runder Tisch Geburt und Familie – Hebammen in Thüringen unterstützen“ trat AfD-Abgeordnete Corinna Herold dem Antrag der CDU argumentativ bei. Die bereits seit Monaten überfällige Studie zum Thema solle umgehend veröffentlicht werden. Zur Zeit gibt es in Thüringen noch 510 niedergelassene Hebammen, davon sind 330 auch freiberuflich tätig. Quer durch alle Fraktionen wird diesem Thema eine große Bedeutung bescheinigt, aber allein dadurch, dass ein Vorhaben im Koalitionsvertrag steht, ist es nicht realisiert.

Im ihrem Antrag „Chancengleichheit gewährleisten – ‚Lesen durch Schreiben‘ und daraus abgeleitete Methoden an Thüringer Schulen abschaffen“ forderte die AfD-Fraktion die Landesregierung auf, sich zum Wert der Rechtschreibung als bedeutsame Kulturtechnik zu bekennen. Stephan Brandner sprach von den 7,5 Mio. funktionalen Analphabeten mit einem hohen Anteil bei ausländischen Mitbürgern. Die Landesregierung muss sicherstellen, dass Schüler keine langfristigen Schäden durch die Anwendung ungeeigneter reformpädagogischer Konzepte an Thüringer Schulen erleiden. Natürlich wurde der Antrag abgelehnt, auch mit den Stimmen der CDU.

Den Antrag der rot-rot-grünen Regierungsfraktionen „Energetische Standards im öffentlichen Bau vorbildlich gestalten“ nahm Stefan Möller (AfD) in seiner Rede auseinander. Er kritisierte den Dämmwahn, der zu Bauschäden und gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt. Hierbei ging er auf die Arbeit der Öko-Lobbyisten ein und wies auf Fehler in den Grundlagen der deutschen Klimaschutzpolitik hin.

In ihrem Antrag „Russlandsanktionen beenden – Thüringer Außenwirtschaft stärken“ forderte die AfD-Fraktion die Landesregierung auf, die Auswirkungen der Russland-Sanktionen auf die Thüringer Wirtschaft darzulegen. Seit Juli 2014 bestehen sektorale Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland, die im September 2014 ausgeweitet wurden. Da besonders die Wirtschaft der ostdeutschen Länder massiv von der beidseitigen Sanktionspolitik betroffen ist, setzt sich die AfD-Fraktion mit dem Antrag für ein Ende der Russland-Sanktionen ein. Die anderen Landtagsfraktionen von CDU, SPD, Grüne und Linke lehnten den Antrag ab, obgleich sie der thüringischen Wirtschaft damit großen Schaden zufügen. Man redet sich mit der Standardausrede der Unzuständigkeit heraus, statt möglichen Einfluss im Bund und der EU bei einer Beendigung der Sanktionen geltend zu machen. Thomas Rudy (AfD) machte hingegen klar, dass die Sanktionen nichts nutzen, sondern allen Beteiligten schaden. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen weltpolitischen Herausforderungen sei ein partnerschaftliches Verhältnis zur Großmacht Russland geboten.

Damit endete das Plenum, dessen besondere Herausforderung für die AfD-Fraktion nicht zuletzt darin bestand, dass Fraktionsvorsitzender Björn Höcke und seine Stellvertreterin Wiebke Muhsal krankheitsbedingt nicht anwesend sein konnten.

Birgit Noll/Stefan Möller