Die Thüringer Landräte und Bürgermeister sollen die Klappe halten. Ein Schreiben des Rotrotgrünen Innenministeriums verbietet politische Meinungsäußerungen dieser Amtsträger. Im jüngsten Rundschreiben heißt es:
„Ein Bürgermeister darf sich in amtlicher Eigenschaft grundsätzlich zu Angelegenheiten, die die Gemeinde betreffen, öffentlich äußern. Bei amtlichen Äußerungen kann er sich aber – anders als bei Äußerungen als Privatperson – nicht auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung berufen. Dieses Grundrecht steht einer Gemeinde und ihren Amtsträgern in amtlicher Eigenschaft nicht zu.“
Daraus entstehen genau zwei Fragen:
a) Warum dürfen Minister und der Ministerpräsident sich politisch äußern? Die Mitglieder der Landesregierung dürfen propagandieren und agitieren, die Repräsentanten der Kommunen nicht? Gibt es eine Zwei-Klassen-Demokratie?
b) Warum stellen politische Parteien Kandidaten für Wahlämter auf, wenn diese sich hinterher nicht politisch äußern sollen? Sollte man dann nicht konsequenterweise Parteien verbieten oder sie wieder wie vor 1990 unter der führenden Rolle der Linkspartei in der Nationalen Front vereinen?
Der Zeitpunkt der Aussendung des Runderlasses ist interessant. Er erreicht die Bürgermeister und Landräte in einer Zeit, wo die Kosten für die Unterbringung von Asylanten völlig aus dem Ruder laufen, wo die öffentliche Ordnung stellenweise empfindlich gestört wird und wo sowohl für konstruktive wie auch für grundsätzliche Kritik landesweit Anlaß besteht.
Zudem liegt die Definition, was politisch ist, völlig im Ohr des Hörers oder dem Auge des Lesers: „Ob eine Äußerung eine Äußerung in amtlicher Eigenschaft (amtliche Äußerung) oder eine Äußerung als Privatperson (private Äußerung) ist, richtet sich danach, wie sich die Äußerung aus Sicht eines mündigen, verständigen Bürgers darstellt.“ So steht es im Rundschreiben. Gummiparagraph hieß so etwas früher.
Der mündige und verständige Bürger Thüringens teilte etwa zu 28 % die Auffassungen Bodo Ramelows (Linke), zu 34 % die von Mike Mohring (CDU), zu 12 % die von Heike Taubert (SPD) und zu 11 % die von Björn Höcke (AfD). Wer ist nun dieser Bürger ? Eine Frage, die sich nicht stellen würde, wenn man darauf pocht, daß sich politische Entscheidungen in der Demokratie im Wettstreit der Meinungen ergeben. Mit diesem Wettstreit hatte die Linke jedoch immer schon Schwierigkeiten. Warum hat sie sonst alle Blockflöten unter dem Dach der Nationalen Front vereint, Wahlen verboten, den demokratischen Zentralismus und die Diktatur propagiert? Warum hatte sie während ihrer ersten Regierungszeit 1945 bis 1990 die kommunale Selbstverwaltung abgeschafft?
Der Bürger honoriert eine gelassene, faire, tolerante und unparteiische Amtsführung. Der verständige Bürgermeister und Landrat weiß von alleine, was sich an Äußerungen nicht rentiert und vom Wähler bei Wahlen auch bestraft wird. Insofern ist das Rundschreiben eine unnötige und ungehörige Einmischung von Oben. Und es ist eine kolossale Frechheit, wenn eine Regierung, deren tragende Gruppierung ehemalige Grenzmörder, Menschenhändler, Spitzel und Türzuhalter unter ihrem Dach vereint, die kommunale Ebene belehren und ihr einen Maulkorb verpassen will.
Es riecht in Erfurt penetrant nach dem Erbe der Sowjetunion.
Autor: Wolfgang Prabel
Quelle: http://www.prabelsblog.de/2015/09/zweiklassendemokratie-in-erfurt/