ERFURT. Im Erfurter Veranstaltungs- und Kongresszentrum DASDIE, jene Örtlichkeit, an die am 4. Mai 2013 die AfD Prof. Dr. Karl Schachtschneider als Referenten eingeladen hatte, sprach am Freitag, 11. Juli, der Europaabgeordnete und 2. Bundessprecher der AfD, Prof. Dr. Hans-Olaf Henkel, zum Auftakt des Landtagswahlkampfes in Thüringen.

Zuvor hatte Thüringens Spitzenkandidat und 1. AfD-Sprecher Björn Höcke den Gast kurz vorgestellt und das Thüringer AfD-Wahlprogramm vor dem gut gefüllten Saal des Kongreßzentrums inhaltlich skizziert. Schwerpunkte legte Höcke, der von Hause aus Gymnasiallehrer ist, naturgemäß auf die Europapolitik und die Thüringer Landespolitik. Und die sind gewichtig genug mit Blick auf die Politik von SPD und CDU, die unser schönes Bundesland in vielen Politikfeldern reformbedürftig gemacht hat. Genau da setzt das AfD-Programm für Thüringen an. In Stichpunkten liest sich das so: Familienpolitik im traditionellen Sinn als Kernstück der Sozialpolitik, Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung, steuerliche Begünstigungen für Familien, Familiendarlehn, welche nach Geburt von Kindern schrittweise erlassen werden, Generationengerechtigkeit bei einem tragfähigen Rentenkonzept, Ausbau des Landeserziehungsgeldes, Unterstützung der freiberuflichen Hebammen – alles Schritte zu einer Gesellschaft, in der Kinder wieder willkommen sind.

Deshalb favorisiert die AfD Maßnahmen zur Unterstützung junger Familien, für bezahlbaren Wohnraum, für ein solides Hausarztsystem, vor allem im ländlichen Raum. Die AfD fordert zugleich den Abbau der Bürokratie im Gesundheitswesen, einen flächendeckenden medizinischen Notdienst sowie einen zentralen Katastrophenschutz.

Schwerpunkte sind zudem die Bildung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen. „Die flächendeckende Inklusion lehnen wir schon deswegen ab, weil es utopisch ist, alle Schulen sächlich, personell und räumlich so auszustatten, das überall Inklusion stattfinden kann. Inklusion kann an wenigen Schwerpunktschulen gelingen. Das Förderschulsystem muß unbedingt erhalten werden. Außerdem muß die Regelschule wieder zu einem Herzstück des Thüringer Bildungssystems werden.“

In dem im DASDIE erstmals öffentlich vorgestellten AfD-Landesprogramm, welches man auch gedruckt mit nach Hause nehmen konnte, erfährt man die Haltung der Partei zur Massentierhaltung, zur konventionellen und ökologischen Landwirtschaft, zum Schutz der Natur, zur Energieversorgung – ein ebenso zentrales Thema der jungen AfD. Aber auch Themen wie die Einwanderungspolitik, Kulturpolitik, Vereinswesen, Verkehr, Wirtschafts- und Haushaltspolitik sind nicht ausgelassen worden. Auf der Internetseite der AfD-Thüringen kann man sich über das gesamte Programm informieren. Ein Programm, welches Prof. Hans-Olaf Henkel als gut und gelungen einschätzte. Doch der 2. AfD-Sprecher legte vor allem dar, für was die AfD steht. „Wir stehen für die Freiheit. Wir stehen nicht für die Gleichheit. Das möchte ich mal ganz klar sagen. Denn Freiheit und Gleichheit sind ein Widerspruch! Gerechtigkeit aber macht ja nur in einem sozialen Kontext Sinn. Es ist atemberaubend, daß selbst diese im internationalen Kontext immer noch bescheidenen Reformen von Herrn Schröder alle einkassiert werden. Frau Merkel belastet jetzt mit all ihren komischen Reformen, vor allem die Zukunft der Jungen. Denken Sie mal an die Rentenreform. Das ist ein Geschenk an die heutigen Rentner zu Lasten der Jungen. Nein, nicht wir sind populistisch. Frau Merkel ist es. Sie gibt den heutigen Wählern das Geld, welches die Wähler, die noch nicht mal geboren sind, bezahlen müssen. DAS ist populistisch!“, sagte der einstige Euro-Befürworter, der auch deutlich machte, warum er sich zum Eurokritiker entwickelte. Er tat dies in einigen wenigen Sätzen, die es aber genau auf den Punkt brachten. Dabei verwies er auf seine traumatischen Erlebnisse als Dreijähriger, als 1943 durch den brutalen Bombenangriff „Gomorrha“ auf Hamburg sein Elternhaus in Flammen aufging, während die Nachbarvilla unversehrt blieb. (Operation Gomorrha war der militärische Codename für eine Serie von Luftangriffen, die vom Bomber Command der Royal Air Force und der Eigth Air Force der USAAF im Zweiten Weltkrieg vom 25. Juli bis 3. August 1943 auf Hamburg geflogen wurden. Es waren mit über 30.000 Toten und 125.000 Verletzten die bis dahin schwersten Angriffe in der Geschichte des Luftkrieges. Befohlen wurden diese Angriffe von Luftmarschall Arthur Harris, dem Oberbefehlshaber des Britischen Bomber Command). Der Brand des Hauses wurde von seiner Familie auf Agfa-Film gebannt Heute besitzt Hans-Olaf Henkel dieses Zeitzeugnis auf DVD. Dazu sagte er unter anderem: „…warum blieb dieses Haus stehen? Weil es zwischen diesen beiden Häusern eine Brandmauer gab. Meine Damen und Herren, diese Brandmauer hat Frau Merkel eingerissen am 10. Mai. Deshalb sind am 10. Mai 2010 die Herren Lucke und Henkel zum Eurogegner geworden. Das ist die Antwort auf Ihre Frage.“ Hans-Olaf Henkel verwies sichtlich mit Stolz darauf, daß das Bildungsniveau der Partei wesentlich höher ist als im Bevölkerungsdurchschnitt. „Der klassische deutsche Mittelstand ist in der AfD höher vertreten als in allen anderen Parteien, denn wir wissen ja, wer bei uns ist“, so der einstige BDI-Präsident, der sich natürlich deutlich auch für freien Wettbewerb und soziale Marktwirtschaft aussprach. Henkel setzte aber auch Akzente auf die Argumentation der politischen Gegner. „Na gut, wir sind die Partei der alten Männer. Ja, ich bin 74. Ich kann auch nichts dafür, Leute. Das Witzige ist ja, daß man in Deutschland extrem vorsichtig sein muß, man darf ja niemanden wegen irgendeiner Zugehörigkeit verunglimpfen – aber auf alte Männer darf man neuerdings ruhig schimpfen – wenn sie bei der AfD sind!“

Aber keine Bange. Die gesamte Veranstaltung wurde von der „Jungen Alternativen“ vorbereitet. Der Nachwuchs ist schon längst im Kommen. Am Bundesprogramm wird übrigens noch gearbeitet. Aber das ist vielleicht verständlich für eine Partei, die erst seit gut einem Jahr existiert. Das Programm für Thüringen wurde auf jeden Fall mit hoher Sachkenntnis, gepaart mit Hoffnung und Vertrauen auf die Wähler erarbeitet und formuliert. Kernpunkt bleibt: „Gegen die Ideologie setzen wir den gesunden Menschenverstand, gegen den Versuch des Altparteienkartells, den politischen Diskurs einzuengen, unser Recht auf Meinungsfreiheit. In der Demokratie gibt es immer Alternativen. Diesen im politischen Raum Gehör zu verschaffen, treten wir als unverbrauchte und bürgerbewegte Partei ein“. So wird der Anspruch der Partei in der Schlußbetrachtung des Landeswahlprogramms deutlich formuliert.

Autor: Achim König