Auf Einladung der AfD-Fraktion hatten Mitglieder vergangenen Freitag die Möglichkeit, den Erfurter Landtag zu besuchen, der 70. Plenarsitzung beizuwohnen und mit Abgeordneten der Fraktion ins Gespräch zu kommen.
Eine Gruppe von 29 AfD-Mitgliedern der Kreisverbände Süd-Ost-Thüringen und Südthüringen wurde von Uli Kühn, dem Wahlkreismitarbeiter von Corinna Herold (unter anderem gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion), kurz nach 13 Uhr vor dem Landtag in Empfang genommen und erhielt ihre Besucherausweise.
Als erster Tagespunkt stand ein gemeinsames Mittagessen an und wir wurden in der Kantine mit Klößen, Rotkraut und Fleischbeilage verköstigt. Während wir das leckere Gericht verspeisten, hatten wir Gelegenheit auf der Übertragungsleinwand Vertreter der Altparteien CDU bis Linke zu verfolgen, die den Antrag der AfD-Fraktion mit Rede des Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke auf „Neugestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Abschaffung des Rundfunkbeitragssystems“ ablehnten. Es blieb nicht der einzige Antrag der AfD-Abgeordneten, der abgewiesen wurde.
Anschließend erfolgte eine Zusammenfassung zur Thüringer Politikgeschichte und zur Landtagsstruktur durch einen netten Mitarbeiter des Landtags, der uns auch über die Verhaltensregeln für Gäste im Plenum aufklärte. Klatschen beispielsweise ist nicht erlaubt, welches Bayerischen AfD-Kollegen am selben Tag in München eine Rüge und den abfälligen Kommentar eines SPDlers einbrachte.
So gingen wir also auf möglichst leisen Sohlen auf die Zuschauertribüne des Plenarsaals, um eine Stunde den Redebeiträgen zu lauschen.
Passenderweise stand gerade der stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende Olaf Kießling am Rednerpult zur „Änderung des Thüringer Gesetzes zu Natur und Landschaft“. Was uns kurz nach Betreten des Saals schon deutlich wurde, war die, zurückhaltend ausgedrückt, lockere Einstellung einiger Parlamentarier zur Arbeitsweise im Plenum. Während die Vertreter der AfD-Fraktion vorbildlich den Reden zuhörten und sich Stichpunkte notierten, saßen ihnen auf der anderen Seite des Raumes linke und grüne Vertreter gegenüber, die sich intensiv mit ihren Smartphones oder Laptops beschäftigten, gelangweilt in ihren ergonomischen Stühlen hingen oder munter miteinander Schwätzchen hielten. Nicht wenige schienen zu twittern oder eine geistige Auszeit abzuhalten, hin und wieder unterbrochen durch unmotiviertes Klopfen auf die Tische oder gespielt empörtes Dazwischenquatschen. Eine Schülerklasse, die mit unserer Gruppe das Geschehen beobachtete, dürfte wohl am Montag ihre Lehrer fragen, warum sie auf ihre Handys und Notebooks im Unterricht verzichten müssen, wo doch die gut bezahlten Vorzeigedemokraten im Erfurter Landtag wie selbstverständlich sich damit die Zeit bis zum Feierabend vertreiben. Volksvertretung sieht anders aus. Aufgrund dieser mangelnden Ernsthaftigkeit mancher Parlamentarier sind Fehlentwicklungen in Thüringen nicht verwunderlich. Wären wir nicht an der politischen Arbeit, die wir ja alle finanzieren, sondern beispielsweise am gleichzeitig stattfindenden Biathlon-Weltcup in Slowenien interessiert gewesen, hätten wir statt des Pultes nur den Bildschirm eines Mitgliedes der rot-rot-grünen-Regierungsfraktion direkt unter der Zuschauertribüne beobachten können, denn die Dame schaute gespannt diese Sport-Übertragung und nicht auf die Antragsliste.
Das alles war aber nichts im Vergleich zur Erkenntnis darüber, wie Ministerpräsident Ramelow das Plenum während unseres Beiseins verfolgte: Er daddelte lieber auf seinem Telefon herum und hob nur einmal kurz den Kopf, als Stephan Brandner, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der AfD, das Rednerpodium betrat und sich in seiner charmant-witzigen Art dafür bedankte, dass der Regierungschef zumindest noch körperlich anwesend ist. Herr Brandner begrüßte uns daraufhin, was uns sehr erheiterte.
Nach einem Gefecht zwischen einer SPDlerin und einer Vertreterin der CDU, das an Sandplatzstreitigkeiten im Kindergarten erinnerte, folgten Beiträge von Linken und Grünen, deren Maß an oberflächlicher Theoretisierung nur noch von der fehlenden Evidenz übertroffen wurde. Das Wort Beirat dürfte gefühlt einhundert Mal in einer Stunde gefallen sein.
Stefan Möller, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, ließ sich davon nicht beirren und wies auf die ideologische Abgehobenheit der linksgrünen Vorredner hin.
Selbst mit politischer Neutralität gesehen, muss man konstatieren, erwiesen sich die Reden der AfD-Fraktion konkreter, realer, zielführender und lebendiger als so manche Statements der Regierungsparteien und der CDU, für welche die AfD-Fraktion die konservative und bürgernahe Kraft gibt, wogegen sich CDU-Chef Mohring schon gefolgsam mit Posten in Berlin unter Merkel zum Vierten befasst. Angesichts dessen ist der Einsatz aller AfD-Abgeordneten nicht hoch genug einzuschätzen.
Nach dem Besuch des Plenums stand uns Stephan Brandner zur Diskussion über das Erlebte, die AfD allgemein und anderes zur Verfügung.
Einige Mitglieder gingen zum Abschluss noch auf den Erfurter Weihnachtsmarkt, andere fuhren nach Hause und ließen den Tag dort Revue passieren.
Vielen Dank an die ganze AfD-Fraktion, Corinna Herold und Uli Kühn im Besonderen für die Einladung.
Nadine Hoffmann