Vor dem ersten Tagesordnungspunkt des zweiten Plenumstages, dem Gesetzentwurf der AfD-Fraktion zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Thüringer Architekten- und Ingenieurskammergesetzes beantragte Stefan Möller eine Sitzung des Ältestenrates wegen der Verletzung der Fassadenhoheit durch Abgeordnete oder Referenten der regierungstragenden Fraktionen vom Vorabend. Dazu wurde die Sitzung kurz unterbrochen. Hintergrund war ein übergroßes Transparent mit der Aufschrift „Hass ist keine Alternative für Deutschland“, das am Vorabend während der Demonstration der AfD gezeigt und offensichtlich vom Landtagspräsidium geduldet wurde. Kürzlich hatte Stephan Brandner eine Deutschlandfahne an der gleichen Stelle angebracht, diese aber nach Aufforderung durch den Landtagspräsidenten entfernt. Was für eine Verfehlung von Brandner, sich öffentlich zur Deutschlandfahne zu bekennen! Die von Stephan Brandner erwartete Zustimmung zum Gesetzentwurf, der die Umsetzung einer EU-Richtlinie beinhaltet, gab es wiederum leider nicht.
In der zweiten Lesung des von der CDU eingebrachten Energieeffizienzgesetzes wurde deutlich, dass zwischen den Altpartien in energiepolitischen Fragen programmatisch keine Unterschiede auszumachen sind. Von CDU bis Grüne folgen alle dem ausgetrampelten Weg, der in den letzten Jahren zu steigenden Preisen, einer Zerstörung des Landschaftsbildes durch Windkraftanlagen und bürokratischen Belastungen geführt hat. Mit dem Energieeffizienzgesetz gibt die CDU noch strengere Vorgaben und setzt utopische Ziele bei der Energieeinsparung in Höhe von bis zu 70 Prozent. Dem mit dem Gesetzentwurf einhergehenden Dämmwahn, den Eingriffen in die Handlungsfreiheit und das Eigentum, aber auch einer willkürlichen Förderpolitik auf Kosten des Steuerzahlers erteilte die AfD eine Absage.
Dass „ die AfD im Dunkeln tappe wie bei allen Themen“, wie Ministerin Anja Siegesmund zu wissen glaubte, könnte daran liegen, dass sich wieder einmal kaum jemand mit den Inhalten der AfD befasst hat.
Der nächste Gesetzentwurf der Landesregierung beinhaltete das Erste Gesetz zur Änderung des Thüringer Archivgesetzes. Der Gesetzentwurf, der Planungen der vormaligen unionsgeführten Regierung aufgreift, verfolgt die Absicht, die bisher eigenständigen Staatsarchive in Gotha, Altenburg, Greiz, Meiningen und Rudolstadt mit dem Weimarer Hauptstaatsarchiv zu einem Landesarchiv zusammenzufassen. Dabei sollen die bisherigen Standorte allesamt erhalten bleiben. Ob die von der Regierung erwartete effizientere Aufgabenerfüllung der Archive tatsächlich erreicht wird, konnte die Landesregierung weder im Text des Entwurfes noch in der Debatte belegen, so dass die Frage ungeklärt bleibt, was die Staatsarchivreform überhaupt leisten wird. Die AfD-Fraktion gab zu bedenken, ob die Zusammenfassung unter einer zentralen Leitung nicht sogar Nachteile für die bisher selbständigen Archive und die internen Abläufe mit sich bringen wird. Auch halten wir die Behauptung der Regierung nicht für überzeugend, die Reform werde kein Geld kosten. Der Gesetzentwurf ist mit unserer Zustimmung an den Fachausschuss überwiesen worden. Können unsere Zweifel gegenüber der Reform dort ausgeräumt werden, verweigern wir uns dem Vorhaben nicht.
Ein Antrag der CDU-Fraktion trug den Titel: „Keine weiteren Belastungen für die Bürger, die Wirtschaft und die Landwirtschaft – das zusätzliche Wasserentnahmeentgelt darf nicht kommen“.
Dazu stellte die AfD-Fraktion den Alternativantrag: „Thüringen schützen – Hochwasserschutz auch ohne Wasserentnahmeabgabe sofort sicherstellen!“ Das Schauspiel der Koalition um die Wasserentnahmeabgabe zeigt eine Verantwortungslosigkeit, die schon als grob fahrlässig bezeichnet werden muss. Es darf nicht sein, dass die SPD mit dem Leben der Menschen spielt und den Hochwasserschutz in Thüringen verhindert! Obwohl beim letzten Hochwasser Schäden in Höhe von fast einer halben Milliarde Euro entstanden und obwohl 90 Prozent der Deichanlagen saniert werden müssen, streitet sich rot-rot-grün über die Finanzierung des Hochwasserschutzes. Olaf Kießling brachte es auf den Punkt: Hochwasserschutz ist eine Pflichtaufgabe des Staates. Und wenn die rot-rot-grüne Koalition dies nicht gewährleisten kann, ist sie fehl am Platz.
Sowohl der Antrag der CDU als auch der Alternativantrag der AfD wurden abgelehnt.
Das Thüringer Gesetz zur Dualen Hochschule Gera – Eisenach war ein Gesetzentwurf der Landesregierung. Die „Geburt“ der dualen Hochschule mit den beiden Standorten in Gera und Eisenach wurde von allen anwesenden Rednern begrüßt und der heutige Tag schon gegen 12 Uhr als besonders guter Tag bezeichnet. Dass diese Annahme unnötig euphorisch war, zeigte sich schon während der sich anschließenden Reden der Koalitionsfraktionen. Während die CDU hauptsächlich den verzögerten Zeitplan kritisierte, ging die Linke auf Detailfragen ein und nahm somit die Ausschussberatungen bereits vorweg.
Herr Brandner dankte in seiner Rede zunächst Frau Mühlbauer für ihren erfrischenden Vortrag, der „alle aus den Sitzen haute“, da diese offensichtlich von einer gewissen Mittagsmüdigkeit überfallen wurde. In seiner sich anschließenden Rede stellte Brandner insbesondere die Bedeutung der Hochschule für die Region Gera dar und betonte die prinzipielle Zustimmung der AfD-Fraktion zu dem hier verhandelten Gesetz. Nichts desto trotz sieht die AfD-Fraktion aber noch eine Reihe von Änderungsbedarfen, die anschließend im Ausschuss diskutiert werden sollen. So kritisiert die AfD-Fraktion insbesondere die Möglichkeit der Nachgraduierung und die bislang fehlende Anpassung der Entlohnung der Lehrbeauftragten.
Im Antrag der Landesregierung zur Mitgliedschaft von Mitgliedern der Landesregierung in Leitungs- und Aufsichtsgremien auf Erwerb gerichteter Unternehmen – hier: Zustimmung des Landtags gemäß Artikel 72 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen – wurde über die Besetzung der Position des Aufsichtsratsvorsitzenden der Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur (ThEGA) beraten. Vorgeschlagen wurde Ministerin Anja Siegesmund. Obwohl Stephan Brandner auf die schon bestehende erhebliche Ämterkonzentration bei Frau Siegesmund hinwies und berechtigterweise bezweifelte, dass sie diese Position zeitlich überhaupt ausfüllen kann, wurde sie mit allen Stimmen außer der AfD-Fraktion gewählt.
Die Landesregierung stellte ebenfalls den Entwurf zum Vierten Gesetz zur Änderung des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes vor. Laut Migrationsminister Dieter Lauinger (Grüne) besteht der Wunsch nach einer Reform bei Landkreisen, leider wurde nicht bekannt, bei welchen. Bislang besteht keine Pflicht zur Mitwirkung der Gemeinden bei der Schaffung von neuen Plätzen, zunächst einmal muss der Landkreis alles unternehmen, um Asylbewerber unterzubringen.
Stefan Möller verwies darauf, dass die AfD-Fraktion bereits im August 2015 einen Gesetzentwurf zur Reform des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes und zur Mitbestimmung des Parlaments vorgelegt hat. Stattdessen setzt Minister Lauinger auf Zwang und eine Willkommensdiktatur. Die negativen Auswirkungen der Asylpolitik zeigen sich vor allem in den Gemeinden. Zudem ist die Mitwirkungspflicht im Gesetzesentwurf schwammig formuliert und es besteht Rechtsunsicherheit, zum Beispiel zu genutzten oder nur ungenutzten Gebäuden. Damit werden die Gemeinden gezwungen, an ihrer eigenen Überforderung mitzuwirken. Die Gemeinden haben die ,,asylpolitische Suppe“ des Landes und des Bundes auszulöffeln. Humanitäre Notlage wird durch Bundespolitik hervorgerufen. Die Landesregierung verweigert sich dem Abbau von Fehlanreizen, fehlender Abschiebung, so dass eine humanitäre Notlage vermeidbar wäre.
Wie nicht anders zu erwarten war, stellte Sabine Berninger (Linke) rassistische und rechtspopulistische Gründe für den Gesetzesentwurf der AfD fest und behielt die linksorientierte Integrationsutopie bei. Sie bemühte eine Aussage der ARD-Sendung Monitor, wonach sich Kommunen in der Flüchtlingskrise (angeblich) kaum überfordert fühlen. Die Realitätsverweigerung setzte sich auch bei Diana Lehmann (SPD) fort, die hauptsächlich vom Zuzug von Familien mit Kindern sprach. Auch im Januar 2016 waren erwiesenermaßen fast 67 % der Asylbewerber Männer.
Christian Herrgott (CDU) forderte neben einer ausführlichen Diskussion zum Gesetz eine schnellstmögliche Auszahlung der Gelder zur Förderung sozialen Wohnraumes für Asylsuchende. Seine Aussage, dass im Extremfall Ende 2016 weitere 30.000 Asylbewerber nach Thüringen gekommen sein werden, musste Stephan Brandner korrigieren, der sich auf eine Aussage von Ministerpräsident Bodo Ramelow mit 40.000 Asylsuchenden für Thüringen im Jahr 2016 bezog.
Die Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN legten den gemeinsamen Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Thüringer Feiertagsgesetzes (Gesetz zur Einführung eines Gedenktages für die Opfer des SED-Unrechts) vor. Im vergangenen Jahr wurde der 8. Mai als Tag des Gedenkens an die Befreiung vom Nationalsozialismus und die Beendigung des Zweiten Weltkrieges in Europa eingeführt. In Anknüpfung an die Volkserhebung vom 17. Juni 1953 in der DDR und deren Niederschlagung durch das SED-Regime und die Sowjetarmee soll nun mit dem neuen Gesetzentwurf der 17. Juni als weiterer Gedenktag folgen. Zwar steht die AfD-Fraktion einem staatlich verordneten historischen Gedenken grundsätzlich distanziert gegenüber, doch wird mit der Einführung eines weiteren Gedenktags die bisherige Einseitigkeit überwunden und nicht nur der braunen, sondern auch der roten Diktatur und ihrer Opfer gedacht. Vor diesem Hintergrund werden wir dem Gesetz zustimmen.
Für seine Aussage der „Nützliche Idioten“ handelte sich Stephan Brandner einen Ordnungsruf ein.
Die AfD-Fraktion legte einen weiteren Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Thüringer Schulgesetzes vor. Bereits seit August 2015 sind in Thüringen 10 Schulsporthallen durch die Unterbringung von Asylbewerbern belegt. Für jeden einzelnen Schüler bedeutet dies den zumindest teilweisen Verzicht auf sein Recht auf Umsetzung des Lehrplans und somit sein Recht auf Bildung. Möge es prozentual kein großer Anteil sein, so bedeutet es doch für jede einzelne Schule und jeden einzelnen Schüler eine große Einschränkung. Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, die Nutzung der Schulsporthallen nur nach dem Ausrufen des Katastrophenfalls als Unterbringung zu erlauben, etwa im Falle eines Hochwassers. Die dauerhafte Nutzung von Sporthallen zur Unterbringung von Asylbewerbern ist nicht nur für die Kinder, deren Unterricht ausfällt und die Asylbewerber selbst eine Zumutung, sondern auch mit kaum bezifferbaren Kosten der Renovierung verbunden.
Die CDU stellte in ihrem Redebeitrag dar, dass die „Landesregierung glaubhaft versucht habe, darzustellen“, dass sie ihr Möglichstes tue, die Situation so erträglich wie möglich zu gestalten. Deutlich mehr Fahrt nahm die Argumentation des Abgeordneten Wolf auf, der seine Rede auf das menschenwürdige Recht auf Unterbringung stützte, welches er offensichtlich in der Unterbringung von Asylbewerbern in Turnhallen erfüllt sieht. Davon distanziert sich die AfD-Fraktion deutlich. Bei einer Sporthalle handelt es sich eben nicht um den vom Abgeordneten Wolf zitierten menschenwürdigen Wohnraum.
Ebenfalls von der AfD kam der Entwurf für das Gesetz zur Verbesserung der Finanzkontrolle hinsichtlich Untreuehandlungen in Thüringen. Der Begriff „Steuerverschwendung“ soll laut Bundesregierung kein offizieller Begriff sein, sondern nur eine Wortschöpfung der Umgangssprache. Dabei weiß jeder, dass jährlich zig Milliarden Euro in Deutschland für unsinnige Projekte verschwendet werden. Das von der AfD eingebrachte Gesetz zur Bekämpfung der Steuerverschwendung sieht Maßnahmen vor, die eine bessere Kontrolle der Ausgaben durch Behörden und Ministerien in Thüringen ermöglichen. Damit könnte sofort eine wirkungsvolle Finanzkontrolle errichtet werden. Die jährlichen Berichte des Bundes der Steuerzahler mit grotesken Beispielen zu Verschwendungen wären dann in Thüringen passé. Stephan Brandner zeigte auf, wie der Staat bei der Erhebung der Steuern die Bürger immer strenger kontrolliert, sich selbst aber von jeder Kontrolle ausnimmt.
„Gute Bildung braucht starke Schulleiter“ hieß der Antrag der Fraktion der CDU. Dazu gab es eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport.
Die Diskussion um die fehlenden Schulleiter an Thüringer Schulen währt nun seit 9 Monaten und wurde im Bildungsausschuss fünf Mal beraten. Die CDU stellte bei ihrem Antrag einen Forderungskatalog auf und wünschte sich Unmögliches, bereits Existierendes und Unnötiges. Ein gutes Beispiel stellte dabei das sogenannte Schulleiterversprechen dar, welches beinhaltet, dass eine Schulleiterstelle nicht länger als drei Monate unbesetzt sein darf. Und was wenn doch? In seiner Rede machte Björn Höcke deutlich, dass es sich bei dem vorliegenden Antrag um einen typischen Oppositionsantrag handelt, der die aktuelle Regierung dazu auffordert, das zu schaffen, was die CDU selbst in 25 Jahren nicht geschafft hat.
Die AfD-Fraktion fordert einen umfassenden Systemwandel an den Schulen, der vor allem die deutliche Entlastung der Schulleiter von Verwaltungs- und Dokumentationsaufgaben beinhaltet und die Bestenauswahl bei der Besetzung von Schulleiterstellen fordert.
Die große Anfrage der CDU zum Hochschul- und Forschungsstandort Thüringen, ein Aktenordner voller Informationen, Tabellen und Allgemeinplätzen fasste Wiebke Muhsal für die AfD-Fraktion wie folgt zusammen: Masse statt Klasse. Bei diesem Ausspruch handelt es sich gleichermaßen um die Handlungsmaxime der Landesregierung bei der Hochschulpolitik und nicht zuletzt die Maxime der Umsetzung der Bologna-Reform in Deutschland. Die Ziel- und Leistungsvereinbarungen, konkret festgelegte Vorgaben, für die Hochschulen, fasste Muhsal kurz als „Gängelung durch den Staat“ zusammen und betonte dabei insbesondere, dass wir keine Frauenquote an Hochschulen, sondern mehr Toleranz für Familien brauchen. Einen Konflikt sah Muhsal auch in der enormen Bedeutung der Drittmittel an den Hochschulen und deren zusätzliche Betonung durch die Ziel- und Leistungsvereinbarungen, die vielleicht Ziele, aber wenig leistungsfreundlich sind.
Energisch fordert die AfD-Fraktion eine komplette Rückabwicklung des Bolognaprozesses und betonte, dass wenn man ihr damit Rückständigkeit vorwerfe, man nur mit einem Satz reagieren könne: Wenn man auf einen Baum zufährt, sollte man nicht aufs Gaspedal drücken, sondern zusehen, dass man die Kurve kriegt.
Die anderen Fraktionen reagierten wie erwartet, die SPD mit einem wenig witzig-spritzigen Vortrag, die Linke kritisierte den mangelnden Erkenntnisgewinn aus den 250 Seiten der Antwort der großen Anfrage und die CDU betonte, dass sie mit ihrer Anfrage keine politischen Ziele verfolgte, sondern auf reinen Erkenntnisgewinn setzte, es sich aber trotzdem um eine gute Anfrage handele.
Die Tagesordnungspunkte 14 bis 22 mussten aufgrund von Zeitmangel vertagt werden.
Stefan Möller Birgit Noll
Quelle: th-blog.de