Bereits vor mehr als einem Vierteljahr hatte ich an dieser Stelle dargelegt, warum Neuwahlen in Thüringen niemandem nützen. Wie sich jetzt gezeigt hat, kommen Rot-Rot-Grün und die CDU aus der selbstgewählten Zwickmühle nicht heraus. Daran ändert auch die Verschiebung der Landtagswahl auf den Tag der Bundestagswahl nichts. Übel ist, dass sich Linke und CDU nicht endlich ehrlich machen. Die Thüringer CDU ist praktisch zum vierten Koalitionspartner geworden. Zwischen Ramelow und Voigt passt längst kein Stück Papier mehr. Kein Wunder also, dass beide bis zur Sommerpause weiter miteinander paktieren werden.
So wie die Umfragewerte aussehen, wird auch eine Neuwahl keine klaren Machtverhältnisse im Sinne von Rot-Rot-Grün bringen. Mehrheiten ohne die AfD könnten nur Linke und CDU gemeinsam herbeiführen. Vor der Bundestagswahl werden sie das aber keinesfalls tun! Nach der Wahl allerdings wären für beide Tür und Tor geöffnet. Wenn man dies wollte, könnte man sich auch die Auflösung des Landtags sparen. Ein Szenario, das nicht von der Hand zu weisen ist. Eine so machtbesessene Partei wie die CDU wird nicht auf diese Option verzichten. Dieser Gefahr sind sich Grüne und SPD sehr wohl bewusst. Die Linke ist an einer Wahl im September nicht interessiert, weil der Ramelow-Effekt angesichts schwacher Linker im Bund deutlich geringer ausfallen könnte als im Oktober 2019. Die Grünen hoffen dagegen, vom Verbotstrend und Genderwahn von Habeck & Co. profitieren zu können.
Als Helmut Kohl im Bund und später Bernhard Vogel in Thüringen aus dem Amt schieden, wäre undenkbar gewesen, dass ihre Partei jemals mit der mehrfach umbenannten stalinistischen Nachfolge-Partei von Mauer, Stacheldraht und Volksunterdrückung paktiert. Der Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU ist nur noch Makulatur! CDU und Linke stehen als Beispiel dafür, dass Feuer und Wasser eben doch zusammen können. Der neue CDU-Chef Laschet wird dem rot-schwarzen „Glück“ in Thüringen sicher nicht im Wege stehen.
Vor wenigen Tagen zeigte sich, dass wohl Taschenspieler-Tricks bemüht werden müssen, um überhaupt wählen zu können. Zu unsicher ist, ob sich 18 Abgeordnete anderer Fraktionen zum gleichfalls nicht geschlossenen rot-rot-grünen Block gesellen werden, um überhaupt die Auflösung des Landtags mit Zweidrittelmehrheit herbeiführen zu können. Und dann war da noch im Juli 2020 eine „Ausarbeitung“ des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages: „Verschiebung der Bundestagswahl. Verfassungsrechtliche Aspekte und Konsequenzen“. Darin wird als einer der möglichen Gründe für eine Verschiebung der Wahl im September genannt: „Insofern kann eine Lage eintreten, in der sowohl die Vorbereitung der Wahl in den Parteien und Wahlvereinigungen – zum Beispiel durch Versammlungen zur Kandidatenaufstellung – als auch die Durchführung der Wahl nach dem geregelten Ablauf aufgrund der erhöhten Ansteckungsgefahr wesentlich erschwert wird.“ Der wissenschaftliche Dienst des Thüringer Landtags soll jetzt im Auftrag von Rot-Rot-Grün und CDU prüfen, ob und wie sich in der Verfassung die 70-Tage-Frist zwischen Auflösung und Neuwahl des Parlaments verlängern ließe. Ich höre da die Nachtigall sehr laut trapsen …