Liebe Parteimitglieder, Unterstützer und Sympathisanten der Alternative für Deutschland,
die meisten von Ihnen haben sicherlich bereits in den letzten Wochen und Monaten Kenntnis von den innerparteilichen Auseinandersetzungen rund um den Bundesvorstand erfahren. In einer Partei – zumal einer so jungen wie der AfD – sind solche Prozesse nicht völlig zu vermeiden.
Die Art und Weise, wie die Auseinandersetzungen geführt werden, geben jedoch verstärkt Anlass zur Kritik. Dies gilt aus Sicht des Landesvorstands insbesondere für die Fälle, in denen ohne ausreichende sachliche Basis gegen Mitglieder der Vorwurf erhoben wird, Abgrenzungsschwierigkeiten zum rechtsextremen politischen Bereich zu haben. Sie alle wissen um die Brisanz eines solchen Vorwurfs und seine Auswirkungen auf den politischen
Diskurs.
Diese Woche traf der Vorwurf unseren Landessprecher Björn Höcke. Ausgangspunkt hierfür war ein Interview mit der Thüringer Allgemeinen, welches zu dem folgenden Artikel führte:
http://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/politik/detail/-/specific/Thueringer-AfD-Chef-
Hoecke-distanziert-sich-nicht-von-der-NPD-1797819952
Björn Höcke hat daraufhin eine Klarstellung veröffentlicht, welche im Gesamttext in der Anlage dieses Schreibens abgedruckt ist. Wir meinen, dass damit allen Behauptungen die Basis entzogen wurde, Björn Höcke hätte sich von der NPD nicht genügend distanziert.
Der Sprecher des Bundesvorstands unserer Partei, Bernd Lucke, forderte Björn Höcke laut Zeitungsberichten vom gestrigen Tage allerdings auf, umgehend alle Ämter niederzulegen und aus der AfD auszutreten. Er begründete dies damit, dass Björn Höcke sich angeblich nicht genügend von der NPD distanzieren würde.
http://www.welt.de/politik/deutschland/article140701917/Lucke-will-AfD-Landeschef-wegen-
NPD-Naehe-loswerden.html
Der Thüringer Landesverband, die Thüringer Landtagsfraktion und Björn Höcke selbst haben sich aber mehrfach klar und deutlich von der NPD abgegrenzt. Folgende Zitate stammen beispielsweise von Björn Höcke:
„Ich lehne jede Form von Rechts- oder Linksextremismus entschieden ab. Politischer Extremismus muss im politischen Diskurs hart bekämpft werden. Nulltoleranz muss gegenüber Gewalt in der politischen Auseinandersetzung bestehen. […] Weder der Thüringer Landesverband noch die Alternative für Deutschland im Ganzen kooperieren mit der NPD. Die NPD spielt bei der politischen Positionierung der AfD schlicht keine Rolle, da
unsere Partei bürgerlich ausgerichtet ist. Die AfD ist eine Partei, die keine ehemaligen NPD-Mitglieder aufnimmt – im Gegensatz z.B. zur CDU, die unter bestimmten Umständen keine Schwierigkeiten darin sieht, ehemalige NPD-Mitglieder aufzunehmen.“
Inhaltlich ist also kein Dissens zwischen Herrn Lucke und Herrn Höcke zu erkennen. Es drängt sich daher der Eindruck auf, dass die momentane Zuspitzung der Auseinandersetzung durch die Rücktrittsforderung von Bernd Lucke weniger inhaltlich begründet ist, als vielmehr in der nahenden Bundesvorstandswahl und der damit einhergehenden innerparteilichen Auseinandersetzung zu erklären ist. Dies ist sehr zu bedauern, zeichnet es doch von der AfD – zumal im unmittelbaren Vorfeld der Wahl in Bremen – ein sehr unvorteilhaftes Bild.
Wir wünschen uns daher, dass entsprechende Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit den Bundesvorstand und dessen Besetzung ab sofort ausschließlich innerparteilich stattfinden und nicht mehr über die Presse ausgetragen werden.
Des Weiteren gilt: Der Zweck heiligt nicht in jedem Fall die Mittel!
Sämtliche Mitglieder, auch diejenigen des Bundesvorstandes, sollten in der Auseinandersetzung einen fairen Umgang pflegen und nicht mit pauschalen Etikettierungen arbeiten, bloß um die Position innerparteilicher Konkurrenten zu untergraben.
Wir stehen voll und ganz zu Björn Höcke und einem sachlichen, politischen Diskurs ohne Denk- oder Sprechverbote. Die Forderung nach einer Ämterniederlegung und einen Parteiaustritts von Björn Höcke lehnen wir ab. Auch Bundesvorstandsmitglieder wie Frauke Petry und Alexander Gauland haben der Forderung Bernd Luckes zwischenzeitlich widersprochen.
Wenn auch Sie die Rücktrittsforderungen für überzogen halten, führen wir Sie gerne als öffentlichen Mitunterzeichner dieser Erklärung, wenn Sie uns eine entsprechende Zustimmung durch eine E-Mail mit Ihrem Namen an die Emailadresse
signalisieren. Bitte berücksichtigen Sie, dass wir diese Erklärung und die Namen der Unterzeichner zu veröffentlichen beabsichtigen, etwa in sozialen Netzwerken wie Facebook und auf der Internetseite des Landesverbands. Auch insofern würden wir Ihre Email als Zustimmung begreifen, wenn Sie uns nichts Gegenteiliges mitteilen.
Wir bedanken uns bereits jetzt für Ihre Unterstützung.
Mit freundlichen Grüßen
Die Mitglieder des Landesvorstandes
Dr. Wolfgang Prabel, Bärbel Kowsky, Klaus Gebhardt, Prof. Michael Kaufmann,
Heike Rothe, Roman Golombek, Dr. Jens Dietrich, Stefan Möller
Anlage:
Stellungnahme von Björn Höcke zu Artikeln aus der Thüringer Allgemeinen vom 6.
und 7. Mai
„Die beiden Artikel, die diese Woche in der Thüringer Allgemeine erschienen sind, erwecken den falschen Eindruck, ich würde mich nicht von der NPD abgrenzen. Dieser Eindruck entspricht allerdings nicht den Tatsachen.
Die AfD-Fraktion, der Thüringer Landesverband und ich selbst haben uns seit Gründung der AfD immer klar und deutlich von der NPD und anderen extremistischen Organisationen abgegrenzt. Weder der Thüringer Landesverband noch die Alternative für Deutschland im Ganzen kooperieren mit der NPD. Die NPD spielt bei der politischen Positionierung der AfD schlicht keine Rolle, da unsere Partei bürgerlich ausgerichtet ist. Die AfD ist eine Partei, die keine ehemaligen NPD-Mitglieder aufnimmt – im Gegensatz z.B. zur CDU, die unter bestimmten Umständen keine Schwierigkeiten darin sieht, ehemalige NPD-Mitglieder aufzunehmen. Aus diesem Grunde sind rechtsextreme Positionen, wie sie die NPD vertritt, weder beim AfD-Landesverband, der Fraktion oder mir zu finden, auch wenn der Versuch einer Konstruktion entsprechender Vorwürfe aus den Bereichen der linksextremistischen Gegnerschaft der AfD gelegentlich mit haarsträubenden Argumentationen unternommen
wird.
Andererseits weigere ich mich aber auch, Menschen von vornherein aufzugeben, auszugrenzen und sozial zu ächten, weil sie in der falschen Partei sind oder waren. Auch Anhänger extremistischer Strömungen haben einen Anspruch auf politische Resozialisierung. Dies gilt im Übrigen für Mitglieder linksextremistischer Organisationen, wie der Roten Hilfe, gleichermaßen wie für Anhänger rechtsextremistischer Organisationen, wie der NPD. Die NPD vertritt unzweifelhaft politische Überzeugungen, die der AfD völlig fremd sind. Auch wenn mir die internen Verhältnisse der NPD unbekannt sind, ist es nach meiner Überzeugung wahrscheinlich, dass es dort auch Menschen gibt, die man wieder für unsere Demokratie gewinnen kann, weil sie eben nicht überzeugte Rassisten oder Fremdenhasser sind, sondern aufgrund politischer Naivität bzw. zum Beispiel jugendlicher Unerfahrenheit in diese Partei gelangt sind. Ich halte es zudem schlicht für falsch, sämtliche Mitglieder dieser Partei über einen Kamm scheren und ihnen nicht zuzugestehen, dass auch sie in der Lage sind, einmal gewonnene falsche Überzeugungen zu überdenken und einen politischen Lernprozess erfolgreich zu absolvieren.
Ich lehne jede Form von Rechts- oder Linksextremismus entschieden ab. Politischer Extremismus muss im politischen Diskurs hart bekämpft werden. Nulltoleranz muss gegenüber Gewalt in der politischen Auseinandersetzung bestehen. Ich verstehe aber die Bedenken gegen das neuerliche NPD-Verbotsverfahren. Rechtliche Verbote führen nicht zwangsläufig zum Umdenken. Die Erfahrung zeigt, dass häufig sogar das Gegenteil der Fall ist. So besteht die Gefahr, dass eine ohnehin im Ansehen der Bevölkerung so schwer angeschlagene politische Organisation durch eine neue Organisation abgelöst wird, die inhaltlich dasselbe vertritt. Das will ich nicht. Mit diesen Bedenken gegen ein NPDVerbotsverfahren stehe ich nicht alleine da: Auch namhafte Vertreter von CDU, SPD, Grünen und Linken sehen das Verbotsverfahren aus diesen Gründen kritisch, ebenso unser Parteisprecher Bernd Lucke.“