Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,
bevor ich gleich auf das Programm der neuen Regierung und die Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten inhaltlich eingehen möchte, will ich hier kurz etwas Grundsätzlich sagen.
Nach unserem letzten Plenum las ich in der Presse, daß Herr Höcke bei seinem Auftritt rumgepöbelt hätte. Wenn das so gewesen ist, möchte ich darüber mein Bedauern ausdrücken.

Vielleicht hat der Verlauf dieses historischen Tages auch meine Nerven in Mitleidenschaft gezogen. Zudem war ich es bisher einfach gewohnt, meine Reden ohne Störungen halten zu können. Ich werde versuchen, mich an die Plenumsgepflogenheiten zu gewöhnen.

Früher war der intelligente und gut platzierte Zwischenruf das Salz in der Suppe der parlamentarischen Auseinandersetzung. Heute ist eine Verflachung festzustellen. Und ich möchte an dieser Stelle darum bitten, daß wir den Einsatz des Zwischenrufes nicht inflationieren oder nur auf destruktive Zwecke reduzieren.

Wir sollten noch an anderer Stelle Vorbild sein. Als Lehrer habe ich den Einzug des Smartphones in die Klassenräume erlebt. Die Kombination aus körperlicher Anwesenheit und geistiger Abwesenheit war früher in unseren Schulen gelegentlich anzutreffen – heute ist sie die Regel.
Die menschliche Multitaskfähigkeit ist eine Lüge. Und wenn Sie hier im Plenum auf Ihrem Smartphone „rumdaddeln“, dann sind Sie nicht anwesend. Sie demonstrieren Geringschätzung dem Redner gegenüber und zeigen Haltlosigkeit. Die AfD-Fraktion will die Würde unseres Parlaments bewahrt wissen und hat sich ein „Daddelverbot“ im Plenum auferlegt. Es würde mich freuen, wenn andere Fraktionen unserem Beispiel folgten.
Wenn ein Ding werden soll, brauchen wir aber bekanntlich nicht nur die Form, sondern auch den Inhalt. Dazu komme ich jetzt.

So ein kleines Landesparlament, das übrigens noch viel zu groß ist, ist wahrscheinlich nicht der Ort, an dem die großen Dinge angesprochen werden können. Aber ein kommunistischer Ministerpräsident sollte als Anlaß doch genügen:

Liebe Genossen, ich habe Babeuf, Blanqui, Weitling, Marx und Engels gelesen. Viele Kritikpunkte der Frühsozialisten und Kommunisten am Kapitalismus sind nachvollziehbar. Und ich betone: Wenn wir den gegenwärtigen Finanzkapitalismus nicht überwinden, dann fahren wir diesen wunderbaren Planeten gegen die Wand. Aber ich betone auch, daß die Lösungsansätze der Sozialisten und Kommunisten falsch sind. Sie sind falsch, weil sie das Ungleiche gleich machen, was genauso ein Verbrechen ist, wie das Gleiche ungleich zu machen: Die 100 Millionen Tote, die auf das Konto der roten Dystopie gehen, sprechen eine deutliche Sprache. Und die roten Lösungsansätze sind falsch, weil sie den Menschen machen wollen. Ich sage aber, daß die Politik den Menschen bei seinem Werden nur unterstützen darf. Die Selbstentfaltung seiner Anlagen ist Aufgabe jeden Einzelnen!
Der ideologische Machbarkeitswahn mündet in der Erziehungsdiktatur. Auch aus ihrem Koalitionsvertrag ist dieser Erziehungsanspruch ablesbar. Sie wollen nicht ihrem Land dienen, sondern ihre Utopien verwirklichen. Das vorweg.

I. Finanzen/Wirtschaft
Es ist schon bezeichnend, daß das Kapitel „Nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik“ das vorletzte Ihres Koalitionsvertrages ist. Die Grundlage für politische Gestaltung wird quasi als Beiwerk hinten dran gehangen. Sie werden Thüringen in ein finanzpolitisches Abenteuer stürzen, weil die angekündigten Ausgaben absolut unmöglich sind. Als einziges wird die Einführung des kostenlosen Kindergartenjahres halbwegs seriös gegenfinanziert, leider durch den Wegfall des Landeserziehungsgeldes. Dazu später mehr.
Es wird mit nicht vorhandenen Haushaltsüberschüssen jongliert, es wird auf nicht zugesagte Bundeszuschüsse gesetzt – letztlich verbrennt man das Holz, an dem unsere Kinder und Enkel sich einmal wärmen sollen. Frau Henning-Wellsow erklärte während der Vorstellung des Koalitionsvertrages: „Nicht alles, was wir wollen, ist bezahlbar“ – recht hat sie!
Auf Bundesebene wollen Sie für einen Subventionsabbau eintreten, in Thüringen aber alle verfügbaren Mittel abgreifen. Mit diesem Widerspruch im Gepäck kommen Sie mit Ihrer Forderung beim Bund niemals durch.
Es ist nicht erkennbar, wo wirklich Geld eingespart werden soll. Ob die Erhöhung der Anzahl der Staatssekretäre Sparpotential besitzt, das wage ich zu bezweifeln. Und auch eine Gebietsreform wird nicht dazu führen, wie die Beispiele aus anderen Bundesländern zeigen. Damit muten Sie den Bürger nur weitere Wege zu den Ämter zu.
Innovative wirtschaftspolitische Ideen sucht man im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag vergeblich. Statt dessen gibt es klassische linke Wirtschaftspolitik: die Sozialwirtschaft soll ausgebaut, in die Unternehmensführung eingegriffen und die Subventionstöpfe geöffnet werden. Und das bei 16 Milliarden Euro Schulden!

Die Energiewende bedeutet für Sie nur Chancen. Die Kosten der EEG-Umlage und die hohe Staatsquote führen aber zu permanent steigenden Preisen. Daß die Wirtschaft und insbesondere die kleinen Handwerksbetriebe in Thüringen unter den hohen Energiekosten leiden, scheint Sie nicht zu interessieren. Auch daß die Pleite der Stadtwerke Gera Holding maßgeblich mit dem massiven Eingriff in den Energiemarkt zusammenhängt, haben Sie offensichtlich nicht verstanden.
Das Schlimmste an Ihrer auf Ideologie, Unvernunft und Hysterie gegründeten Energierevolution ist aber das Leid, das Sie der Natur zufügen. Das Zerstörungswerk der energiepolitischen Transformation an unserer einzigartigen Natur- und Kulturlandschaft wird den Folgen der Industrialisierung in nichts nachstehen.

II. Inneres
Mißbrauchen Sie die Innenpolitik nicht als ideologische Spielwiese! Dazu taugt die innere Sicherheit nicht! Die im Koalitionsvertrag ausgewiesenen Veränderungsabsichten sind Ausfluß einer Mißtrauenskultur. Die Kennzeichnungspflicht für Polizisten liefert unsere Beamten und deren Familien Kriminellen aus. Die Neudefinition des Rechtsbegriffs der „Gefahr“ wird die Beamten noch wehrloser machen. Die Thüringer Polizei braucht keine Neuausrichtung. Die Polizei leistet gute Arbeit und hat eine der höchsten Aufklärungsquoten in der Bundesrepublik!

Sie begründen auch nirgends welchen Nutzen es hat, vermehrt Menschen mit Migrationshintergrund in der Polizei einzustellen.
Ich weiß, daß Sie das ideologische Ziel haben, Deutschland zu überwinden. Ich aber sage Ihnen in den Worten der Kanzlerin, „Multikulti ist gescheitert, absolut gescheitert!“
In diesen Kontext paßt die Forderung nach einem Ausländerwahlrecht. Sie ist Egoismus pur. Sie schielen auf eine wachsende Wählerschicht, die sie mit sozialen Wohltaten bei Laune halten wollen. Wahlrecht und Staatsbürgerschaft sind aber untrennbar miteinander verknüpft. Ausländer, die dauerhaft in Deutschland leben, können die Staatsbürgerschaft und damit das Wahlrecht erwerben. Und nur diese sind an der langfristigen guten Entwicklung unseres Landes interessiert.

III. Familie/ Bildung/ Frauen/ Kampf gegen rechts
Es ist eine Schande, daß Sie das bewährte Landeserziehungsgeld abschaffen wollen. Sie rauben verantwortungsbewußten Eltern die Möglichkeit, sich selbst um ihre Kinder zu kümmern. Und die meisten Eltern in Thüringen sind verantwortungsbewußt und wollen selbst entscheiden können!
Schon die Jüngsten unterwerfen Sie der staatlichen Einflußnahme. Der „Thüringer Bildungsplan von null bis 18 Jahren“ zeigt den Weg in eine Welt, in der das unterste nach oben gekehrt ist. Mit ihrem Ansatz der Früh- und Hypersexualisierung rauben Sie unseren Kindern ihre unbeschwerte Kindheit. Wer es wagt, die Seele unserer Kinder anzurühren, wird mit unserem entschlossenen Widerstand rechnen müssen.
Auch dem Gender-Totalitarismus, dieser Fehlgeburt des Behaviorismus, werden wir die Stirn bieten. Nach der politischen Revolution und der Kulturrevolution versuchen Sie es jetzt mit der anthropologischen Revolution. Hauptsache man kann Ungleiches gleichschalten und Bewährtes zerstören, nicht wahr? Was Sie mit Ihrem Körper machen, ist mir völlig egal. Aber versuchen sie Ihre dekadente Desorientierung nicht als allgemeine Erziehungsmaxime zu verkaufen.
In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, daß die Einführung des Gleichstellungsausschusses ein Fehler war. Die einseitige Bevorzugung von Frauen allein aufgrund ihres Geschlechts führt zu weiterer negativer Diskriminierung. Es werden nicht nur Männer einzig wegen ihres Geschlechts von Posten ausgeschlossen, nein, es wird die Autorität von leistungsstarken Frauen in verantwortungsvollen Positionen untergraben. Starke Frauen brauchen keine Quote!
Ich beklage hier auch die fehlende Bereitschaft der neuen Koalitionäre allen Gefährdungen der Demokratie mit Entschlossenheit zu begegnen. Obgleich nämlich der Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz 2013 von zum Teil „hemmungsloser Gewalt“ der linksextremistischen Szene spricht und Linksextremisten im Vergleich zu Rechtsextremisten weit mehr als doppelt so viele Gewalttaten verüben, wird der Kampf gegen die linken Demokratiefeinde an keiner Stelle Ihres Vertrages erwähnt. Hinter Ihrem Kampf gegen rechts verbirgt sich nicht nur ein Kampf gegen Extremismus, sondern gegen bürgerliche Werte. Für ein einseitig ausgerichtetes Landesprogramm gibt es jetzt nochmal eine Million mehr – wahrscheinlich mit dem Ziel, nicht vermittelbare und oftmals dem linksextremen Milieu entstammende Politologen und Sozialpädagogen in Versorgungsposten zu bringen!
Im Koalitionsvertrag heißt es allerdings: „Die Ergebnisse der Landtagswahlen haben neue Gefährdungen der demokratischen politischen Kultur aufgezeigt.“ Diese selbstkritische Reflexion macht Hoffnung. Denn bekanntlich ist Einsicht der erste Schritt zur Besserung!

IV. Schuld der CDU
Die Thüringer haben eine von den Linken geführte rot-rot-grüne Koalition nicht gewünscht. Nur 24% der Wahlberechtigten haben für die Parteien ihrer Koalition gestimmt. Die drei bürgerlichen Parteien CDU, AfD und FDP kamen auf mehr Wählerstimmen als Ihr Regierungsbündnis.
Ich bin nach wie vor überzeugt, Herr Ministerpräsident, daß Ihre parlamentarische Mehrheit sehr wackelig ist. Ihre größte Stützen sind im Moment Frau Merkel und Herr Tauber. Die von diesen beiden ausgegebene Merkel-Tauber-Doktrin besagt nämlich, daß ein von uns mitunterstützter CDU-Ministerpräsident schlimmer ist, als ein Ministerpräsident der Linken, der auf die Unterstützung von Ex-Stasi-Spitzeln und parlamentsunwürdigen Abgeordneten angewiesen ist. Das verstehe, wer will!
Wie Sie, liebe CDU-Fraktion, jetzt Opposition machen wollen, ist mir auch noch etwas schleierhaft, sind doch fünf der acht Fachministerien von Ihren Wunschkoalitionspartnern besetzt worden.
Die AfD-Fraktion im Thüringer Landtag sieht sich dagegen als echte Oppositionsfraktion: Wir wollen keine der drei Parteien, die Herrn Ramelow tragen, in der Regierung sehen. Darin unterscheiden wir uns, lieber Herr Kollege Mohring, ganz deutlich von dem, was Ihnen aus Berlin vorgegeben wird. Nur was kommt nach Mutti und wofür steht die CDU eigentlich noch? Vielleicht können Sie die Union mit einem mutigen Schritt hier in Thüringen zu neuen Ufern führen?

V. AfD im Landtag

Die AfD-Fraktion im Thüringer Landtag versteht sich als Stimme der Vernunft und des gesunden Menschenverstandes. Wir sind dezidiert antiideologisch.
Immer dann, wenn es darum geht, etwas im Interesse des Landes nach vorne zu bewegen, wenn es darum geht Inhalte, die wir unseren Wählern zugesagt haben, umzusetzen, können Sie mit unserer konstruktiven Unterstützung rechnen.

Ansonsten sind wir nicht böse, wenn die Legislatur dieses Mal etwas kürzer ist!

Björn Höcke, 12.12.2014