Von den Fraktionen DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde der Antrag: „Einrichtung eines Opferentschädigungsfonds für die Opfer und Betroffenen von Taten des Nationalsozialistischen Untergrunds“ verbunden mit dem weiteren Antrag: „Errichtung einer Stätte der Erinnerung und Mahnung für die Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds“ eingereicht.

Aufgrund des Versagens von Thüringer Sicherheitsbehörden bei der Fahndung nach den NSU-Tätern hätten diese über einen langen Zeitraum hinweg terroristische Taten begehen können. Der Landtag möge sich zu seiner politischen Verantwortung gegenüber den Opfern, Angehörigen und Geschädigten der rechtsterroristischen Morde, Anschläge und Raubüberfälle des NSU bekennen.

Die Landesregierung solle einen Entschädigungsfonds für die NSU-Opfer und deren Angehörige einrichten und ein unbürokratisches Verfahren für die Auszahlung von Entschädigungsleistungen schaffen. Weiterhin solle eine Stätte der Erinnerung und Mahnung errichtet werden.

Ministerpräsident Bodo Ramelow (LINKE) berichtete über die Geschehnisse nach dem Aufdecken der Straftaten des NSU vor etwa sechs Jahren und über ein einvernehmliches Handeln der seinerzeitigen Thüringer Politik.

Da sich die Straftaten so wie die Ermittlungen über das gesamte Bundesgebiet erstreckten, könne der Thüringer Landtag nicht feststellen, inwieweit Ermittlungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden waren, sagte Jörg Kellner (CDU). Er lehnte im Namen seiner Fraktion den Opferfonds ab. Eine direkte Schuld des Landes Thüringen konnte auch gerichtlich nicht festgestellt werden, was aber notwendig sei. Dabei solle das Leid der Opfer nicht in Abrede gestellt werden. Kellner hielt es für problematisch, dass mit dem im Antrag geforderten Fonds zwei Klassen von Gewaltopfern geschaffen würden, weil Geschädigte anderer Gewalttaten hier nicht berücksichtigt wären.

Die Abgeordnete der LINKEN erinnerte an den Abschlussbericht des letzten Untersuchungsausschusses zum Thema NSU. Sie sagte, dass Thüringen hier sehr wohl eine Verantwortung zu übernehmen habe und forderte Haltung von der CDU-Fraktion ein. Birgit Pelke (SPD) schloss sich inhaltlich ihrer Vorrednerin an und meinte, dass die Demokraten einen Gegenpunkt zum starken Rechtspopulismus im Land setzen müssten.

Der AfD-Abgeordnete Thomas Rudy legte dar, dass die Straftaten des NSU bisher gerichtlich nicht aufgeklärt seien und rechtliche Entschädigungsansprüche aufgrund der Regelungen des Amtshaftungsrechts nicht pauschal erkennbar seien. Zudem habe es bereits Entschädigungszahlungen für NSU-Opfer bzw. deren Angehörige gegeben. Die Regierungskoalition suche eine kollektive Lösung jenseits der Gerichte. Gewaltopfer würden instrumentalisiert, um eine politische Agenda zu verfolgen. Dieser linksgrünen Agenda zufolge sei Thüringen ein besonderer Hort des Rechtsextremismus, weshalb die Thüringer Bürger ein links-grünes Umerziehungsprojekt brauchten.

Madeleine Henfling (GRÜNE) forderte die AfD-Fraktion auf, zwischen Schuld und Verantwortung zu unterscheiden. Sie unterstellte wie bereits die Vorredner von Rot-Rot-Grün den Sicherheitsbehörden rassistische Motive.

Der AfD-Abgeordnete Stefan Möller legte dar, dass der Antrag der Koalitionsfraktionen darauf abziele, in Opferkategorien zu denken, wonach bestimmte Opfer der besonderen staatlichen Zuwendung bedürftig wären, während andere Opfer eher zu vernachlässigen seien, weil sie nicht in die rot-grüne Ideologie passen. Es gehe um die Instrumentalisierung des Gedenkens an schlimme Vorgänge mit der Absicht, bestimmte politische Positionen zu diskreditieren und die eigene linksgrüne Position zu überhöhen.

Nachdem alle Fraktionen ihre Positionen bekräftigten, melde sich Stefan Möller erneut zu Wort:

Die von der CDU-Fraktion beantragte Überweisung in den Ausschuss für Inneres und Kommunales wurde für beide Anträge mehrheitlich abgelehnt. In der namentlichen Abstimmung erhielten beide Anträge die Mehrheit durch die Koalitionsfraktionen.

Birgit Noll / Dr. Michael Henkel