Eines muss man ihnen lassen, den „Verbündeten gegen Rechts“: Sie waren friedlich bei ihrem Protest gegen die „rechtspopulistische AfD“. Das ist ein guter Ausgangspunkt in der politischen Debatte.
Die Bündnistreuen hatten zum friedlichen Protest gegen den Bürgerdialog der AfD-Landtagsfraktion in Berka/ Werra am gestrigen Abend aufgerufen, um sie zu „entlarven“, indem sie diese „mit konkreten Sachthemen konfrontieren“. Denn, so stand es in der Tagespresse: „Die Radikalen haben nichts anzubieten außer Radikalität“. Selbstverständlich hatte es das „Bündnis gegen Rechts“ mit ihrer Ankündigung in die lokale Tagespresse geschafft, denn es steht ja auf der vermeintlich guten und richtigen Seite im gesellschaftspolitischen Diskurs. Auf diese Weise wurde zumindest die Werbung für die AfD-Veranstaltung unterstützt. So weit, so akzeptabel.
Mit dem „Enttarnen der Radikalen“ war das schon schwieriger. In einem knapp einstündigen Vortrag berichteten die AfD-Landtagsabgeordneten Stefan Möller und Jörg Henke über die Konzepte der AfD und ihre Arbeit im Landtag. Viele Argumente und Fakten kamen darin zur Sprache:
Beispielsweise wurde die geplante Stromtrasse Suedlink angesprochen, von der auch die Region Westthüringen betroffen sei. Stefan Möller erklärte ausführlich, dass die AfD die Energiewende ablehne, weil zum Beispiel die Windenergie an Orten und zu Zeiten produziert werde, zu denen sie nicht gebraucht wird. Notwendige Eingriffe in das Stromnetz trieben neben den Subventionen für die Erneuerbaren Energien die Kosten für die Verbraucher in die Höhe. Die AfD setze sich hingegen für eine planbare und bezahlbare Energieversorgung ein. Diese könnte übergangsweise durch effektive Gaskraftwerke gesichert werden. Perspektivisch solle die Forschung für neue grundlastfähige Energieformen gefördert werden.
Zum Thema Bildung zitierte Stefan Möller aus Unterrichtsmaterial aus Brandenburg und legte damit die Ideologisierung der Bildungspolitik dar, was nicht die Aufgabe der Schule sei. Das Hauptanliegen der Schulen sei, Wissen zu vermitteln. Besonders die Grünen in Thüringen setzten sich dafür ein, anstelle von Fachlehrern „Lernbegleiter“ in die Schulen zu bringen. Als Ziele der AfD forderte Möller, den Lehrerberuf attraktiver zu machen und die Schulexperimente auf Kosten der Schüler und Lehrer sofort zu beenden.
Die Innere Sicherheit ist ein Gebiet, dem sich Jörg Henke besonders widmet. Er forderte, die Prävention durch den Einsatz von mehr Polizeibeamten zu stärken wie auch das staatliche Gewaltmonopol wieder herzustellen, indem einfach das geltende Recht konsequent anzuwenden sei. Auch Jörg Henke konnte mit einer Menge Fakten aufwarten.
Henke sprach außerdem zur geplanten Gebietsreform in Thüringen und den Auswirkungen, die damit einhergingen. Von der verloren gehenden Identität der Menschen über mögliche Probleme in der Infrastruktur bis hin zu den zu erwartenden Kosten spräche vieles gegen diese Reform, besonders aber die Tatsache, dass im Vorfeld keine Funktionalreform stattgefunden habe. Von besonderer Bedeutung wäre die ehrenamtliche Arbeit der Menschen, ohne die ein gutes gesellschaftliches Zusammenleben kaum möglich sei. Jörg Henke befürchtete, dass die rot-rot-grüne Landesregierung diese Gebietsreform trotz aller berechtigen Einwände durchsetzen werde.
Die besondere Bedeutung der Familie als Grundlage der Gesellschaft und deren Zukunft bekam ebenfalls einen Platz in der Veranstaltung wie das Leben im ländlichen Raum, das neben Risiken auch große Chancen biete, die es zu nutzen und zu fördern gelte.
Das Thema Familie griff auch der Direktkandidat der AfD für den Bundestagswahlkreis Klaus Stöber auf. Er hatte auf Wunsch der Landtagsabgeordneten den Bürgerdialog bereits eröffnet und stellte sich im Verlauf des Abends näher vor. Seiner Meinung nach besitze das Programm der AfD in einigen entscheidenden Fragen Alleinstellungsmerkmale innerhalb der politischen Parteien. In der Wirtschaftspolitik hob er die Unterstützung er vielen kleinen und mittleren Unternehmen hervor, deren Interessen stärker berücksichtigt werden müssten. Im Mittelpunkt seiner politischen Ziele und Themen stehe eine gerechte Sozial- und Rentenpolitik. Zum Beispiel nannte Stöber die Förderung bzw. Entlastung von Familien durch die Einführung eines Familiensplittings bei der Besteuerung.
Klaus Stöber fasste seinen Standpunkt für den bevorstehenden Wahlkampf zusammen: „Fakten statt Parolen – Streit in der Sache, aber fairer Umgang miteinander!“
Es war – wieder einmal – ein interessanter und informativer Bürgerdialog der Thüringer AfD-Landtagsfraktion. Der Dank geht an Stefan Möller und Jörg Henke für ihren umfangreichen Vortrag und die kompetente Beantwortung der Fragen aus dem Publikum. Ein großes Dankeschön gehört außerdem den Inhabern des Gasthofes „Zur Post“ in Berka/Werra für die Vermietung des Saales für diesen Abend und an alle Besucher, die für ihr Interesse und ihre Meinung „Gesicht gezeigt haben“, wie es Jörg Henke formulierte.
Birgit Noll