Nachdem erst vor einigen Tagen ein Sonderplenum nach Anträgen der AfD- und der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag durchgeführt wurde, musste am 17. August eine weitere Sondersitzung einberufen werden. Grund war der „Bericht über die Aufzeichnung von Telefongesprächsinhalten in der Thüringer Polizei“, eine Unterrichtung durch die Landesregierung.

Vor dem Beginn der Beratungen wurde in einer Schweigeminute wurde des ehemaligen Landtagsabgeordneten Konrad Scheringer gedacht, der am 16. August verstarb.

Die Unterrichtung durch die Landesregierung sollte nicht der einzige Tagesordnungspunkt des Sonderplenums bleiben. Die CDU-Fraktion und die Koalitionsfraktionen hatten Entschließungsanträge eingereicht. Außerdem lag der Antrag der AfD-Fraktion zu einer Aktuellen Stunde mit dem Thema: „Die rot-rot-grüne Landesregierung im 55. Jahr des Mauerbaus – Überwachung, Meinungsdiktatur, Vetternwirtschaft – alter Wein in neuen Schläuchen?“ vor.

Doch die Durchführung dieser Aktuellen Stunde war nicht sichergestellt.

Mit einem simplen Antrag für eine Aktuelle Stunde zum Mauerbau hat die AfD-Fraktion das Präsidium des Thüringer Landtages in die Bredouille gebracht. Landtagspräsident Christian Carius forderte die AfD auf, die Dringlichkeit ihres in die Sondersitzung eingebrachten Antrages zu belegen. Doch darauf ließ sich die AfD nicht ein. Ihr Abgeordneter Stephan Brandner verwies auf die Geschäftsordnung des Landtages und beharrte auf dem Recht der Fraktion, eine Aktuelle Stunde auf die Tagesordnung setzen zu können. Carius unterbrach die Sondersitzung und ließ den Justizausschuss zusammentreten, damit dieser den Sachverhalt aufkläre. Der Ausschuss empfahl schließlich, den Antrag der AfD abzulehnen. Die CDU schloss sich dem Votum der rot-rot-grünen Mehrheit an. So ergriff Stephan Brandner nun das Wort zur Dringlichkeit der beantragten Aktuellen Stunde. Darin ging er auf die jüngst in Thüringen installierte private Dokumentationsstelle für Menschenrechte der Amadeu-Antonio-Stiftung, die Aufzeichnung von Telefongesprächen bei der Thüringer Polizei und Vorfälle der Vetternwirtschaft bei verantwortlichen Politikern ein:

Mit den Stimmen aller im Landtag vertretenen Fraktionen außer der AfD wurde die Durchführung der Aktuellen Stunde dennoch abgelehnt.

Von der CDU-Fraktion wurde eine weitere Aktuelle Stunde beantragt. Debattiert werden sollte zum Thema: „Hat der unter anderem für die Justiz zuständige Minister Lauinger sein Amt missbräuchlich für private Zwecke benutzt?“ Es sollte um die nicht absolvierte Prüfung von Lauingers Sohn vor dem Übergang in die 11. Klasse gehen, ein Vorgang, der bereits weitreichend in der Öffentlichkeit diskutiert wird.

Mike Mohring (CDU) begründete die Dringlichkeit damit, dass sich der Minister in Widersprüche verstrickt habe. Er forderte Minister Lauinger auf, das Amt frei zu machen, um es zu schützen. Das gehe entweder durch schnellstmögliche Aufklärung und Transparenz in der Sache oder dadurch, das Amt freizugeben.

Abzustimmen war im Falle dieses CDU-Antrages über die Aufnahme auf die Tagesordnung und über die Fristverkürzung. Die notwendige, aber verfehlte Zweidrittelmehrheit veranlasste die CDU-Fraktion, zur Klärung eine sofortige Sitzung des Ältestenrates einzuberufen.

Der Ältestenrat entschied sich dafür, dass der bereits von der Regierung eingereichte Antrag zur Aufklärung bzw. Beantwortung der Fragen der CDU in einer öffentlichen Ausschusssitzung erfolgen soll.

Der Ergänzungsantrag der AfD zur Aufklärung der sogenannten „Sohnemann-Affäre“ erreichte trotz umfassender Begründung der Dringlichkeit durch Stefan Brandner nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit.

Danach begann das eigentliche Thema des Sonderplenums „Bericht über die Aufzeichnung von Telefongesprächsinhalten in der Thüringer Polizei“, eine Unterrichtung durch die Landesregierung.

Dieser Bericht wurde von Innenminister Poppenhäger vorgetragen.

Jörg Henke (AfD) stellte dazu fest, dass das Skandalöse am sogenannten Abhörskandal der Thüringer Polizei das Versagen der ministeriellen Führungsspitzen ist. Von einer entsprechenden Kontrolle war und ist nichts zu spüren. Wegen der faktischen Duldung des strafbaren Abhörens von ein- und ausgehenden Gesprächen ohne vorliegende Rechtfertigungsgründe habe sich die ministerielle Führungsspitze strafbar gemacht. „Im Abhörskandal manifestiert sich vorwiegend ein Versagen der ministeriellen Führungsspitze und nicht der Polizeibeamten vor Ort“, so Henke weiter. „Die Aufzeichnungsfunktion wurde, soviel steht fest, eben nicht für die Fälle des Notrufs und in Fällen erkennbarer Bedrohung bzw. der Ankündigung von Straftaten während des Telefonierens eingesetzt. Vielmehr wurden Berufsgeheimnisträger wie Rechtsanwälte abgehört, ohne davon Kenntnis gehabt und eine Einwilligung erteilt zu haben.“ Hier tut umfassende Aufklärung not:

Mit der Anrufung des Justizausschusses bzw. des Ältestenrates wurde für die betreffenden Fraktionen in keinem Fall die Aufnahme der Anträge auf die Tagesordnung erreicht. Lediglich eine einstündige Verspätung des Sommerempfanges der LINKE-Fraktion war die Folge.

Birgit Noll