Wer Gewalt als „Argument“ begreift, versteht im Grunde nichts, nichts von Demokratie, nichts von Diskussionskultur, nichts von sozialem Verhalten. Dem ist nicht am Meinungsaustausch gelegen, weil er keine Inhalte vorweisen kann.

Die „Politik des Pflastersteins“ ist nichts anderes als der primitive Versuch, mangels geistiger Substanz, sich durch Aggression überlegen vorzukommen bzw. den als Gegner Auserkorenen einzuschüchtern. Es ist sozusagen die 2.0-Version des Mobs, mit Spray und Wurfgeschossen bewaffnet statt mit Fackeln und Heugabeln. Daran ändert auch nicht, dass die Gewaltbereiten sich häufig hinter einer sozialistischen oder pseudointellektuellen Fassade verstecken. Manchmal fehlen selbst diese Scheinvorgaben und es wird hasserfüllt geblökt, was das begrenzte Vokabular hergibt. Darin sind sich Links- und Rechtsextremisten erstaunlich ähnlich.

Nicht selten sind es saturierte Wohlstandslinke und karrieregeile Junggrüne, die sich derart zur Schau stellen und das Wochenende zum Gewalt-Happening gestalten. Berlin, Leipzig und Hamburg werden regelmäßig zum Treffpunkt dieser Krawalltouristen, die, von den Eltern oder vom Staat gefüttert und gepampert, in ihrem Leben noch keinen Tag gearbeitet haben, aber lauthals schreien, dass dieser Staat „Scheiße“ sei. Mit Kapuze und Sonnenbrille versehen, wollen sie Polizisten, Passanten und Demonstranten nieder brüllen. Natürlich auch die AfD, die diesen Denkbefreiten die Steuergeldmittel für den Gewaltexzess zurecht entziehen will. In ihrer Einfalt merken die Steineschmeißer nicht wie lächerlich und widersprüchlich es ist, dass sie sich als „bunte und tolerante Gesichtzeiger“ beschreiben, während sie in Schwarz vermummt aufmarschieren und Menschen schon mal mit Eisenstangen jagen. Hirnrissiger ist da nur noch, dass sie sich Antifaschisten nennen und sich wie Faschisten aufführen.

Da hat der Geschichtsunterricht offensichtlich nicht gefruchtet. Armselig.

Aber all die Ungereimtheiten werden von diesen asozialen Akteuren freilich nicht erfasst, in der selbstgefälligen Rage schon gar nicht. Die Selbstüberhöhung ist zu groß, der Geist zu klein.

Was auch immer diese Kriminellen antreibt, der Hass auf sich selbst, schiere Dummheit oder die Aussicht auf diese Weise in einer linksgrünen Partei später Karriere zu machen, ist nebensächlich. Es zählt das Ergebnis: extremistische Sturmtruppen ziehen (wieder) durch Deutschland, das ist schändlich und erbärmlich. Und die Politiker, die mit diesen Straßentruppen sympathisieren, sich ihrer gar bedienen, sind keinen Deut besser. An dieser Stelle könnte man auch an das Gewissen jener AltparteienpolitikerInnen appellieren, aber wenn selbiges vorhanden wäre, würden diese „friedlichen“ Gewalttrupps ja weder entstehen noch als verlängerter Arm genutzt werden.

Es bleibt die politische Lüge einiger „VolksvertreterInnen“ sich als tolerant zu verkaufen, aber sich intoleranter Mittel zu bedienen. Es bleiben Heuchelei und Antidemokratie. Wie der russische Schriftsteller und Nobelpreisträger Alexander Solschenizyn, der die Gewalttätigkeit der Antifaschisten hautnah erleben musste, schrieb: „Jeder, der Gewalt zu seiner Methode gemacht hat, muss zwangsläufig die Lüge zu seinem Prinzip erwählen.“

Nadine Hoffmann