Diese Redensart wird benutzt, wenn jemand einen Vorteil haben möchte, aber nicht bereit ist, etwas dafür zu geben oder für etwas gerade zu stehen.

Tragische Ereignisse spielen sich nach wie vor in Syrien ab. Die Angriffe vor allem in der Region Aleppo gehen weiter und 70.000 Syrer sollen auf der Flucht an die türkische Grenze – viele davon auf dem Weg nach Europa – sein.

Unterdessen fuhr Bundeskanzlerin Angela Merkel vor wenigen Tagen in die Türkei, um eine Lösung für die „Flüchtlingskrise“ in Europa, vor allem in Deutschland zu suchen. Im November 2015 wurde vereinbart, dass die Türkei von der EU 3 Milliarden Euro (nochmal zum Mitschreiben: 3.000.000.000 €) bekommt, wenn sie ihre Grenzen nach Griechenland schließt und damit den Flüchtlingsstrom nach Europa eindämmt. Angeblich kann Deutschland seine ca. 3.000 km Grenze nicht schützen und jeder der das fordert, ist wahlweise ein Rechter, ein Radikaler oder ein Rassist. Aber von der Türkei erwarten wir, dass sie 10.000 km Grenze schützen soll.

Merkel legt das Schicksal Europas, Deutschlands und ihr eigenes in die Hände der türkischen Machthaber! Sie kann Herrn Erdogan auffordern, Vereinbarungen einzuhalten. Und weiter? Das autoritäre türkische Regime hat damit alle Trümpfe in der Hand, die Schleusen für einen weiteren Flüchtlingszustrom nach Europa zu schließen oder eben auch nicht.

Kann die Türkei die Grenzen nach Europa überhaupt schließen? Ist es überhaupt im Interesse der Türkei, das „Flüchtlingsproblem“ für Europa zu lösen? Warum sollte sie das tun und trägt sie nicht durch den Krieg gegen die Kurden zur Verschärfung der Fluchtursachen bei? Nutzt nicht Herr Erdogan vielmehr die „Flüchtlingskrise“, um seine eigenen Interessen gegen Europa durchzusetzen?

Wie gesagt, die Zusage für 3 Milliarden Euro aus der EU hat er schon. Nicht von ungefähr machte kürzlich die Nachricht die Runde, dass die 3 Milliarden Euro nicht ausreichen und von Seiten der Türkei bereits 5 Milliarden Euro im Raum stehen. Weitere Zugeständnisse sind im Gespräch, wie die Entschärfung der EU-Beitrittsklauseln für die Türkei und die Aussicht auf Visa-Freiheit.

Ach ja! Da waren ja noch die Menschenrechtsverletzungen im Südosten der Türkei und der Krieg gegen die Kurden. Alles plötzlich kein Thema mehr?! Eine selbstbewusste starke Wertegemeinschaft eines „geeinten“ Europa macht sich zu Bittstellern vor einem autoritären Regime, das Menschenrechte verletzt und im Lande Krieg gegen Teile seiner Bevölkerung führt.

Und wofür? Damit sich Frau Merkel ihre Finger nicht schmutzig machen muss:

Hauptsache, der Flüchtlingszustrom wird weniger!

Hauptsache, sie kann Recht behalten und muss keine Fehler eingestehen!

Hauptsache, es gibt eine Lösung ohne Obergrenze und ohne Schließung der deutschen Grenzen!

Ob dieser Deal nun 3 Milliarden Euro kostet oder 5 Milliarden oder wieviel auch immer? Geschenkt! Große Projekte kosten viel Geld – damit wäre der Grund für eine Steuererhöhung in Deutschland schon gefunden.

Für die Menschen in Syrien verschlimmert sich die Lage zusehens, hier wären ernsthafte Verhandlungslösungen dringend notwendig. Vor wenigen Tagen sprach Frau Merkel davon, dass die Verschlechterung der humanitären Situation in Syrien zu geringeren Erfolgsaussichten für politische Gespräche führt. Nein, die Verhandlungen werden immer notwendiger.

Und wenn die Türkei der Forderung der EU nachkommt und ernsthaft ihre Grenzen schützt, was glaubt Frau Merkel, wie sie das macht? Womit werden türkische Grenzpolizisten im Ernstfall unerlaubte Grenzübertretungsversuche verhindern? Mit Wattebäuschchen?

Aber die Türkei ist ja weit weg. Damit können sich Frau Merkel und andere Politikverantwortliche die unerfreuliche Debatte um einen Schusswaffeneinsatz oder die Einhaltung der Menschenrechte vom Hals halten. Der Verantwortung aber wird sie sich nicht entziehen können.

Autor: Birgit Noll