„Chillout – Wege in eine neue Zeitkultur“ von Michel Baeriswyl ist ein Buch, das ich während meines Referendariats einmal in die Hände bekam und in der damals auch nicht ganz stressfreien Zeit mit Gewinn las. Der Klappentext reißt eine uns allen bekannte Problematik an: „Die Tempo-Exzesse der Industriegesellschaften führen in eine ökonomische, ökologische, politische, soziale und psychologische Sackgasse. Wir sind zu einer Nonstop-Gesellschaft geworden, in der rund um den Globus produziert und kommuniziert wird – je schneller, desto besser.“ Wohl wahr. Jugendliche entziehen sich der Beschleunigungsdynamik, indem sie „chillen“. Dass dem Ausweichen vor dem permanenten Leistungsdruck bei nicht wenigen jungen Menschen die Leistungslosigkeit folgt, weil sie nicht gelernt haben, zwischen dem Wichtigen und dem Unwichtigen zu unterscheiden und Entspannung der Einstieg in eine Erschlaffung in Permanenz wird, steht dabei auf einem anderen Blatt.
Ohne neudeutsch „Chillout“ kann der Kuss der Muse jedenfalls nicht empfangen werden. Gerade für den Politiker war dieser Kuss zu allen Zeiten aber enorm bedeutsam. Ständige Erreichbarkeit, umfassende Informationsaufnahme mit Zwang zur Stellungnahme und medialer Präsenz gebärden einen Politikertypus, der in Ermangelung eines politisch-historischen Tiefenbewusstseins und einer politischen Fernzielperspektive zwangsläufig zum reinen Politikverwalter sowie Selbstvermarkter degenerieren muss.
Mein „Chillout“-Raum war dieses Jahr wiederum Dänemark. Die „langsame“ Landschaft des Nordens ist ein Sehnsuchtsraum, in dem ich zur Ruhe kommen kann. Den Kuss der Muße empfange ich hier immer wieder bei Wanderungen durch die sturmgepeitschten Dünenwälder, während kilometerlanger Barfußläufe am Strand in knöcheltiefen Wasser oder versunken in die Betrachtung der Werke der Skagenmaler.
Unser Ferienhaus lag fern vom nächsten Nachbarn – eingebettet in Kiefernwald, Heidekraut und Blaubeersträucher. Ein Ort, an dem man Kindern die Welt erklären kann. Ein Ort, der einen aus den von Baeriswyl beschriebenen „Tempoexessen“ herauslöst. Und wirklich verwendete ich nur in einer dieser kurzen norddänischen Sommernächte einen kurzen Gedanken darauf, mich auf dem Rückweg mit Kristian Thulesen Dahl, dem Vorsitzenden der Dansk Folkeparti zu treffen. Als der Morgen graute, war ich wieder im Urlaub. Alles hat seine Zeit.
Anbei einige Impressionen von meinem Urlaub in Dänemark.
Björn Höcke