Wo noch vor einigen Jahren das selbständige Denken, das eigene Rückgrat und das persönliche Verantwortungsgefühl den Maßstab des Handelns vorgaben, herrscht heute die „politische Korrektheit“ in den meisten Medien, in politischen Debatten und sogar in juristischen Diskussionen.
Diese angebliche Korrektheit ersetzt allmählich das Denk- und Reflexionsvermögen derer, welche die öffentliche Meinung bestimmen (wollen). Und damit wird den Bürgern seitens Politik und Presse „von oben“ oktroyiert, wie sie zu denken und was sie zu sagen haben. Wer nicht politisch-korrekt spurt, wird ins Abseits gestellt. Ist das noch Demokratie?
Wurde vormals in den Parlamenten kräftig, aber konstruktiv gestritten, in den Redaktionsbüros ohne übertriebene Selbstzensur geschrieben und verstand sich der Bundestag als bürgernah, so weichen diese – für das Land sinnvollen – Praxis der vor allem von den Grünen, Linken und SPD, aber auch zunehmend von FDP und CDU/CSU forcierten vorgegebenen Einheitsmeinung, also des erzwungenen Denkmusters. Schlimmer noch, die einer Demokratie würdige Meinungsfreiheit wird von selbsternannten „Vorzeigedemokraten“ angegriffen und soll der politischen Korrektheit das Feld überlassen.
Das ist keine Demokratie mehr, sondern eine Meinungsschablone, die nicht nur die Lebenswirklichkeit der Bürger ignoriert, sondern auch Macht ausüben will und den Verfechtern des politisch Ach-so-Korrekten die Auseinandersetzung mit der Realität erspart. Mal abgesehen davon, dass sich diese politische Scheuklappe der angeblich Guten selbst ad absurdum führt.
So werden Asylbewerber in den öffentlichen Darstellungen pauschal als Flüchtlinge bezeichnet. Tatsache ist aber, dass nur etwa ein Drittel der in Deutschland in den letzten Monaten und Jahren gestellten Asylanträge zur Genehmigung eines Aufenthalts führen. die übrigen zwei Drittel erhielten wegen fehlender Voraussetzungen keinen Asyl-, Flüchtlings- oder sonstigen Schutzstatus. Es wäre also eher korrekt, von Asylbewerbern, Asylberechtigten (also anerkannten Flüchtlingen) oder abgelehnten Asylbewerbern (ausreisepflichtigen Asylbewerbern) zu sprechen. Die „politisch Korrekten“ aber bezeichnen jeden, der in Deutschland einen Asylantrag stellt oder gestellt hat, als Flüchtling, und damit auch die, welche lediglich wirtschaftliche Interessen verfolgen, z. B weil die Sozialleistungen unseres Landes einen hohen Anreiz darstellen. Und das tun die Altparteienpolitiker sowie mancher Journalist entweder, weil sie die oben genannten Zahlen nicht kennen oder weil sie Sprache als Verschleierungsinstrument nutzen. Im ersteren Fall ist es Inkompetenz, im zweiten moralische Zweifelhaftigkeit, was die Vorzeige“denker“ der Nation dabei offenbaren.
Ein anderes Beispiel ist das Verunstalten der deutschen Sprache durch den Gender-Wahn. Beispiele hierfür sind Regelungen öffentlicher Institutionen wie Universitäten, nach denen der männliche Professor „Professorin“ genannt wird. Es soll schon „Professorinnen“ geben, die ihren Studenten eine Note schlechter verpassen, weil er/sie/es nicht geschlechtsneutral formuliert hat. Ideologische Korrektheit geht hier zu Lasten der geistigen Freiheit, und das auch und absurderweise vor allem in geisteswissenschaftlichen Studiengängen.
Überhaupt ist es die Sprache, die mit als erstes der politisch-verdrehten Verhunzung zum Opfer fällt. Das Vereinnahmen der Sprache und der Kultur ist Merkmal undemokratischer Systeme, die auf die Steuerung der Bürger angewiesen sind. Über die Sprache soll schließlich unser Denken kontrolliert und gelenkt werden – kreative Vielfalt ade.
Die Bürger, die das DDR-Regime erlebten, können davon ein politisch-unkorrektes Lied singen. Vielleicht oder wahrscheinlich sind es gerade viele Bürger der östlichen Bundesländer, welche sensibler auf die schleichende Verdrängung ihrer (erkämpften) Freiheiten reagieren und nach 40 Jahren zentralsozialistischer Korrektheit nicht den kleinsten Drang verspüren, sich von oben wieder das Denken abnehmen und den Mund verbieten zu lassen.
Sie haben die Schere im Kopf der „Oberen“ und die damit verbundenen Folgen für die Menschen erlebt und müssen nun feststellen, dass viele der jetzigen Lenker und Entscheider in Politik und Presse nicht anders vorgehen, sei es aus Bequemlichkeit, Einfalt oder Vorsatz. Und dabei sind die, die am lautesten und aggressivsten den Bürgern die politische Korrektheit eintrichtern wollen, genau diejenigen, welche am wenigsten als Vorbilder taugen. Denn sie lassen demokratisches Verständnis, Kompetenz und Verantwortungsgefühl den deutschen Bürgern gegenüber missen. Diese Ignoranz gegenüber den Bürgern, diese gefährliche Realitätsverweigerung kommt heraus, wenn „politische Korrektheit“ das Denken ersetzt.
Wer die ideologische Schere im Kopf trägt und die Lebenswirklichkeit nach politisch-genehmen Schubladen sortiert und nur das anerkennt, was der vorgegebenen engen Denkschablone entspricht, entbehrt eines verantwortungsvollen Handelns für unser Land.
Autor: Nadine Hoffmann