Wie lässt sich das Nichts am besten beschreiben? Wahrscheinlich durch das Fehlen erwünschter, erahnter oder vermuteter Inhalte und Fakten. So gesehen war das groß angekündigte und gleich auf vier Sendern gezeigte „Kanzler-Duell“ zwischen Angela Merkel und Martin Schulz nichts, nicht mal peinlich. Keine Informationen, keine Ausstrahlung, kein kritisches Nachfragen, kein Brennen, kein Wollen, kein journalistisches Dranbleiben und erst recht kein Verantwortungsgefühl, jedenfalls nicht für die als Steuerkuh gehaltene Masse der schon länger hier Lebenden. Kein Stil, kein Niveau, getreu dem Merkelschen Mäandern unterhalb der Mittelmäßigkeit. Und wenn es nicht gerade das einzige TV-Aufeinandertreffen der beiden „Ikonen“ der einstigen Volksparteien in der schwersten Krise der Bundesrepublik Deutschland seit dem Bestehen gewesen wäre und wenn nicht ausgerechnet diese zwei sorgsam gepuderten Gestalten ohne Aussage und Haltung für die neubunten Zustände im Land, die eine in Berlin, der andere in Brüssel, in höchstem Maße mitverantwortlich zeichnen würden, dann könnte man gut und gerne kein Wort über das Duell, das keines war, verlieren und es in der politisch-korrekten Mediathek verrotten lassen.
So aber zog es berufliche und neugierige Beobachter vor den Bildschirm, um im Nachhinein etwas kommentieren zu wollen, das sich aufgrund des Mangels an Substanz doch schwer erklären lässt. Man muss es gesehen haben, und irgendwie auch besser nicht.
Zugegeben, wer nicht auf Action aus Hollywood oder Tennis steht und nicht über Pay-TV-Kanäle verfügt, für den gab es auch kaum ein Entrinnen. Immerhin wurde die fade wie fadenscheinige Veranstaltung über ARD, ZDF, RTL und Sat.1 in die Wohnzimmer transportiert.
Aus einem Studio, das die Ödness der Runde spiegelte. Ich weiß nicht, was der Spaß gekostet hat, eine Deutschlandfahne aber wäre sicher noch im Budget gewesen. Und wie es aussah, so war es auch. Keine Antworten, keine Ziele, keine Ausarbeitung. Nicht bürgerlich, nicht freiheitlich, nicht patriotisch. Nichts. Bloß keine Kritik, nur keine Attacke, ja kein Nachhaken. Die Kanzlerin stand sicher gepackt in einer Art medialer Gummizelle, von außen durch unterwürfiges Anstaltspersonal am Weiterstammeln gehalten. Der Herausforderer Maddin the Chulz in der anderen Ecke gleichfalls sediert.
Neunzig quälend lange Minuten schmissen sich die fragenden Top-Journalisten (im Sinne der Bezahlung) und die befragten Spitzenpolitiker (im Sinne der Karriereleiter) gegenseitig die Wattebäuschchen zu und waren am Ende doch auffallend froh, dass das einstudierte Schauspiel vorüber ist. Wobei die beiden Journalistinnen des Öffentlich-Rechtlichen, Maischberger und Illner, sichtbar weniger Mühe hatten die Charade mitzuspielen als Klöppel (RTL) und Strunz (Sat.1, der hatte wohl etwas gutzumachen), sie sind es nämlich gewohnt, als geisteslose Stichwortgeberinnen des Establishments zu agieren. Während die Akteure des Privatfernsehens sich ihre mediale Existenzberechtigung auf dem freien Markt erwirtschaften müssen und sich nicht dank zwangseingetriebener Abgaben den Schlaf der Selbstgerechten gönnen. Aufbrausend wie der Sturm im Wasserglas wurde es lediglich, als es um die AfD ging. Beim Altsystem liegen die Nerven blank.
Was soll ich sagen? Das gestern, was sich Kanzler-Duell nannte, war unter der Würde jedes denkenden Zuschauers und taugte nicht einmal zur erneuerten Gehirnwäsche der ewigen Unions- oder SPD-Wähler. Allenfalls konnte man etwas Fremdscham empfinden bei dem Gedanken, dass sich irgendein Staatsoberhaupt der Welt oder vorzeigbarer Journalist diese überbezahlte Langeweile anschaut. Sätze, die da berechtigterweise auftauchen könnten, wären: Was ist nur mit den Deutschen los? Die können nicht mal mehr Propagandafernsehen.
Dafür können wir aus einer ehemaligen SED-Agitatorin die nicht nur gefühlt größte Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg machen, die dann auch noch unter lautem Applaus den halben Kontinent in den Ruin treibt. Und aus einem Schulabbrecher mit Abzockermentalität machen wir den spezialdemokratischsten Kanzlerkandidaten bis Brandt im Grab rotiert. Wenn das nichts ist. Das macht uns keiner nach.
Das bisschen Kollateralschaden ist im Preis inbegriffen. Und zum Glück gibt es Trump und Putin, mit denen lässt es sich ablenken. Das wissen natürlich die Kanzlerkandidaten der gestrigen Runde, und nutzten es auch reichlich. Mit Unterstützung der Moderatoren.
Wie man angesichts der illegalen Massenmigration, der drohenden Altersarmut, der Zunahme der Kinderarmut, der vor sich hin morschenden Infrastruktur, der Bildungsmisere, der völlig verkorksten Energiewende – um nur einige zu nennen – weder die dafür Verantwortliche noch deren gleichsam unverantwortlichen Herausforderer knallhart befragen und konkrete Antworten und realistische Lösungsvorschläge einfordern kann, bleibt Geheimnis der Moderatoren, vor allem das von Maischberger und Illner, aber gut, vielleicht steht’s so im Arbeitsvertrag. Man habe sich die Fragen selber ausgedacht, freute sich eine der Moderatoressen, damit würden andere Berufskollegen sicher nicht hausieren gehen.
Und dass man trotz des eigenen epochalen Versagens und Schuldigmachens an Deutschland und Europa derart lethargisch, instinktlos und phrasenhaft auf die ohnehin schon anspruchslosen Fragen reagiert wie Merkel und Schulz, dürfte in der Sachliteratur der Zukunft eine Rolle spielen, nicht nur in der der Geschichtslehre. Islamterror, Eurokrise, niedrige Renten. War was? Nein, dann weiter so und nächste Frage!
Welch‘ Harmonie und Eintracht zwischen den Pseudokontrahenten darüber herrschte, Deutschland auch weiterhin abzuschaffen, ließ einen schon erschaudern. Vergessen Sie Wehner und Strauß, Kienzle und Hauser, Waldorf und Statler, die demokratische Kultur der Diskussion ist Dieselmotor und gehört zerschlagen. So gesehen war das gestern ein elendes Vorspiel zur GroKo und erfreulicherweise gibt es keine zweite Auflage des TV-Formats.
Wenn es also überhaupt eine Botschaft gab, von Beiden, dann die, dass alles so weiter geht schnurstracks Richtung Abgrund, da ein 3000km langer Grenzzaun nicht möglich ist, die Alimentierung von Millionen Wirtschaftsmigranten und das Dulden islamistischen Terrors jedoch schon.
Wer damit nicht einverstanden ist, etwa aus dem Grund, dass es sich um Gesetzesbruch und Irrsinn handelt, der wird mit schmackhaften Kartoffelsuppenrezepten ruhig oder auf das rechtspopulistische Treppchen gestellt, auf dass die altpolitisch geförderte Antifa zuschlägt.
Komisch wurde es nur, wenn Schulz, der Schattenkämpfer aus Würselen ansetzte, um Merkel in die selbstgefällige Parade zu fahren, worauf die Kanzlerin ob des zwischenzeitlich ihr völlig unbekannten Widerspruchs ebenso zusammenzuckte wie Schulz, dem der Schrecken des eigenen Widerwortes in die Gliedmaßen fuhr.
Lebhafter, im Rahmen des beschränkten GEZ-TV freilich, wurde es immerhin im Anschluss an diesen „Höhepunkt“ des politischen Schlagabtausches, als Thomas Gottschalk, der vor Ewigkeiten aus Deutschland geflohen ist, seinen Achtzigerjahre-Senf und der ebenfalls nicht hier weilende, aus der Versenkung geholte Karl-Theodor zu Guttenburg seine gehobene Einschätzung abgaben. Nein, auch derlei Abstruses ließen die Medienmacher nicht aus. Oder anders herum: Nicht einmal das blieb dem zahlenden Publikum erspart.
Die Schlussfolgerung kann nur lauten, die Altpolitik, allen voran die sogenannten Volksparteien und vorne weg mit wehenden Refugee-Fahnen Angela Merkel und ihr inszenierter Widersacher haben kläglich, jämmerlich und in einem ungeheuren Ausmaß versagt und schließen daraus keine Konsequenzen. Gleiches gilt für die öffentlich-rechtlichen Sender. Diese Konsequenzen kann jetzt nur der Wähler ziehen, am 24. September. Wenn es einer Entscheidungshilfe für eine Alternative und gegen die Weiter-so-Fraktion der Ignoranten, Versager und Deutschlandabschaffer (zu denen auch FDP, Grüne und Linke gehören) bedarf, bedurft hätte, dann hat das „Kanzler-Duell“ dieses Argument geliefert. Immerhin, auch wenn sicherlich weder von den Nichtssagenden noch von den Wenigfragenden so beabsichtigt. Trotzdem, gewonnen hat die AfD.
Nadine Hoffmann