Das „Thüringer Gesetz über die Härtefallkommission“ war ein Gesetzentwurf der AfD-Fraktion. Dieser Gesetzentwurf sah vor, durch eine geänderte Zusammensetzung der Härtefallkommission ein Mindestmaß an demokratischer Legitimation zu sichern und das Risiko der Befangenheit von Kommissionsmitgliedern deutlich zu reduzieren. Ein erheblicher Teil der Kommissionsmitglieder rekrutiere sich aus Bereichen der Sozialwirtschaft und anderen Interessenvertretern von Zuwanderern, was eine politisch-ideologische Befangenheit begünstige. Schließlich werde durch den Gesetzesentwurf die erforderliche Transparenz von Entscheidungen der Kommission sichergestellt. Demnach sollten ihr der Staatssekretär des für Ausländerrecht zuständigen Ministeriums und je ein Vertreter des Landesverwaltungsamtes, der im Landtag vertretenen Fraktionen, der Landesärztekammer, des Gemeinde- und Städtebundes, des Thüringer Landkreistags und der Liga der Freien Wohlfahrtspflege angehören.
Mit diesem Antrag solle die Rechtstreue wiederhergestellt werden, vor deren Hintergrund das Gnadenrecht im Einzelfall zur Anwendung kommen könnte, so Corinna Herold von der AfD-Fraktion in der Antragsbegründung. An der Öffentlichkeit vorbei würden jedes Jahr so zahlreiche Aufenthaltsberechtigungen durch die Härtefallkommission befürwortet, dass allein auf Grund der Anzahl nicht mehr von Einzelfällen die Rede sein könne.
Corinna Herold berichtete über exemplarische Fälle aus dieser Kommission, in denen nach vollständiger Ausnutzung des Rechtsweges keine Asylgründe gefunden wurden. Trotz fehlender Nachweise bzw. Pässe und weiterer Einschränkungen sowie einem Leben auf Kosten der Solidargemeinschaft würde die Aufenthaltsgestattung befürwortet.
Für die geäußerte Vermutung, dass Astrid Rothe-Beinlich (Grüne) an einer Logorrhoe, also einer krankhaften Geschwätzigkeit leide, erhielt Corinna Herold vom Landtagspräsidenten einen Ordnungsruf.
Michael Heym (CDU) bestätigte den Eindruck der AfD-Fraktion, wonach teilweise politisch-ideologische Befangenheit in der Härtefallkommission zur ausufernden Zahl der Empfehlungen für Gnadenentscheidungen führe und geltendes Recht fast regelmäßig ersetzt werde. In den letzten zwei Jahren habe es eine signifikante Steigerung der Anträge an die Härtefallkommission, auch im Vergleich zu anderen Bundesländern gegeben. Offensichtlich lohne es sich in Thüringen, einen Antrag an die Härtefallkommission zu stellen. Dieser Kommission tue mehr Transparenz gut, auch vor dem Hintergrund, dass die positiven Entscheidungen erhebliche finanzielle Auswirkungen auf die kommunalen Körperschaften hätten. Er beantragte für die CDU die Überweisung des Gesetzentwurfes in die zuständigen Ausschüsse.
Naturgemäß ganz anders sah das Sabine Berninger (Linke). Neben ihrer Verständnislosigkeit über die Rede von Michael Heym drohte sie Corinna Herold eine rechtliche Prüfung über die Einhaltung ihrer Verschwiegenheitspflicht an. Sie warf der AfD vor, den Gesetzentwurf ausschließlich mit Falschbehauptungen, Lügen und Wortverdrehungen begründet zu haben.
Auch Berninger handelte sich einen Ordnungsruf ein für die Äußerung des „rechtspopulistischen Mitglieds des Thüringer Landtages“ gegen Stefan Möller (AfD) auf dessen Zwischenruf über eine vermutete Zensurmaßnahme durch die Grünen-Abgeordnete.
Auch der Linke-Abgeordnete Steffen Harzer erhielt einen Ordnungsruf für den Zwischenruf: „Rechtsradikaler!“
Astrid Rothe-Beinlich (Grüne) schloss sich inhaltlich im Wesentlichen ihrer Vorrednerin an, allerdings „wurme“ sie es noch mehr als der Antrag selbst, dass sich die CDU mit der AfD gemein mache“.
Der AfD-Abgeordnete Stefan Möller stellte klar, dass auch nach Ansicht der AfD in bestimmten Fällen „die Gnade vor dem Recht“ kommen müsse. Allerdings gebe es in Thüringen inzwischen ein ausgefeiltes System, illegale Zuwanderer im Land zu behalten. Möller belegte diese These mit allerhand Zahlen und Fakten. Das Missverhältnis von Regel- und Ausnahmefällen zeige, dass in Thüringen der Rechtsstaat von Rot-Rot-Grün aus Gründen politischer Ideologie zum Teil außer Kraft gesetzt werde. Allein der Zugang der Fälle an die Kommission über deren Mitglieder zeige den Fehler in der betreffenden Rechtsverordnung, weil die Kommissionsmitglieder Anwalt für die Asylbewerber und Richter in einer Person seien.
Dorothea Marx (SPD) appellierte eindringlich „an die christlichen Vertreter der CDU“, der Überweisung dieses Gesetzentwurfes in die Ausschüsse nicht zuzustimmen.
Der beantragten Überweisung in den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz stimmten neben der AfD-Fraktion auch die CDU-Abgeordneten zu, was einer kleinen Sensation in der Parlamentsgeschichte entsprach. Leider wurde der Antrag aber durch die Stimmenmehrheit von Rot-Rot-Grün abgelehnt.
Birgit Noll