Hundertausende Menschen, davon viele aus aller Welt, kommen auf die Grüne Woche nach Berlin und sie wissen warum.
Es ist einmalig, daß fast alle Länder dieser Erde an einem Ort in Frieden ihre gute kulinarische Seite zeigen und diese wohldosiert mit der Kultur ihrer Heimat würzen. Berlin hat nicht nur die größte Nahrungsmittelmesse der Welt, diese Ausstellung ist einzigartig. Auch Thüringen präsentierte sich gut, eröffnet wurde die Ausstellung mit einer sympathischen Rede der neuen Landwirtschaftsministerin Birgit Keller. Hellgrün war die Farbe Thüringens, die regionalen Produkte, von der Bratwurst bis zum Bier, wurden gerne angenommen, auch über Qualitätsstandards oder Naturschutzprojekte wurde informiert.
Trotzdem war es in diesem Jahr nicht so wie in den Vorjahren. Der Präsident des Bauernverbandes Rukwied hielt sich in seiner Eröffnungsrede nicht mehr an den Grundsatz „Harmonie um jeden Preis“.
Es sei unanständig, was zur Zeit passiere, redet mit uns statt über uns, forderte er. Teilweise würde mit Kampagnen und falschen Behauptungen Stimmung gegen redliche Bauernfamilien gemacht aber notwendig sei, die medialen und politischen Debatten mit Offenheit, Fairness und mehr Sinn für die Realität zu führen. Es wird eine ganze Branche unter Generalverdacht gestellt, kritisierte er. Was Rukwied meint, wird in der Tagesschau am Sonnabend bestätigt. Hubert Weiger vom BUND spricht vor der Kamera von einer Landwirtschaft, vor der man die Menschen schützen müsse. Zehntausende Menschen demonstrierten an diesem Tag gegen Tierfabriken, Gentechnik und TTIP – bäuerliche und ökologische Landwirtschaft könne und muß die Welt ernähren, schreibt das veranstaltende Bündnis „Wir haben es satt!“ auf der Homepage.
Abgesehen davon, daß dies auch angesichts des Welthungers nicht machbar ist, kein Plakat weist darauf hin, daß damit eine Vervielfachung der Lebensmittelpreise verbunden wäre und das wäre auch in Deutschland ein Problem für viele Familien. Die meisten Demonstranten des „Wir haben es satt!“- Bündnisses haben keinen Bezug zur Landwirtschaft, ihre Sorgen und Ängste sind durch Medieninformationen entstanden. Das Bündnis aus Marketing-Organisationen, Ökoverbänden, politischen Organisationen, Ökolandbaustrukturen, Naturschutzverbänden arbeitet generalstabsmäßig. Ein Journalist, der die Tierärzte vertritt und am Sonnabend in Berlin recherchierte, meinte, daß nach Agenda vorgegangen wird, die Tatsachen spielen dabei oft eine untergeordnete Rolle. Er nannte das Beispiel der Schweinepest in Litauen, könnten die Tiere dort nicht in Ställen isoliert werden, hätte die Krankheit dort ein Massensterben verursacht. Die Tierhygiene ist ein zentraler Punkt in der Nutztierhaltung, Nutztiere können keine Haustiere sein, das habe nichts mit Tierquälerei zu tun. Wo aber waren diejenigen, die den Löwenanteil der ausgestellten Nahrungsmittel in international anerkannter und gleichbleibender Qualität herstellen? Sie waren auch in Berlin, konventionelle und auch Ökolandwirte, und zwar am Hauptbahnhof.
Unter dem Motto „Wir machen Euch satt! Frag doch mal den Landwirt!“ demonstrierten vor dem Berliner Hauptbahnhof mehrere hundert Landwirte gegen die tendenziöse Verunglimpfung ihres Berufes mit Desinformationen durch „Wir haben es satt!“ und andere Medien. Diese Demo war nicht optimal gestaltet. Die Passanten und Fahrgäste des Bahnhofes vermuteten einen weiteren Bahnstreik, da die Westen nur rückseitig beschriftet waren und keinerlei Informationen verteilt wurden. Darauf angesprochen, antworteten Landwirte, daß sie das jetzt auch sehen aber auf dem Gebiet seien sie eben keine Profis. Die motivierten Teilnehmer verteilten kostenlos Wurstpakete aber in der Tagesschau erschienen sie, im Gegensatz zu ihren Widersachern, nicht.
In Thüringen wurde in den letzten Jahren in der Landwirtschaft, im Naturschutz und Umweltschutz einiges besser als in anderen Bundesländern gemacht. Unsere Landwirte haben eine vergleichsweise hohe Sachkompetenz und tragen Verantwortung auch für ihre Umwelt. Wir hoffen, daß auch zukünftig in Landwirtschaft, Natur- und Umweltschutz Sachverstand und Vernunft Vorrang vor Ideologien oder Marktinteressen haben wird.
B. Matzat, 17.01.2015, Berlin